Energiewende im Bottwartal Windrad-Areal im Wald wird zurechtgestutzt

Wie hier im Schwarzwald sind grundsätzlich auch im Hardtwald Windräder denkbar. Foto: dpa/Uli Deck

Sieben Kommunen rund um Marbach haben beschlossen, die Planungen für Windräder im Forst zu forcieren. Die Region sieht zunächst aber nur einen Teil der Fläche als geeignet an.

Vor einer haarigen Aufgabe stand der Marbacher Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung. Der vorgeschaltete Ausschuss für Umwelt und Technik hatte zuvor einmütig empfohlen, im Schulterschluss mit anderen Anrainern im Hardtwald den Bau von bis zu acht Windrädern prüfen zu lassen. Ferner sollte dem Verband Region Stuttgart (VRS) nahegelegt werden, die entsprechende Fläche als Vorranggebiet für solche Anlagen auszuweisen. Der Ortschaftsrat im Stadtteil Rielingshausen hatte indes Letzteres abgelehnt, um den Planern in Stuttgart nicht voreilig eine Art Blankoschein auszustellen. Das Gesamtgremium stand also gewissermaßen zwischen den Stühlen – um dann doch ein deutliches Votum zu fassen.

 

Klimawende vorantreiben

Mit Ausnahme der CDU und Christiane Scheuing-Bartelmess von der SPD sprach sich die Runde dafür aus, die Flächen im Regionalplan für Windräder zu reservieren. Tenor bei den Befürwortern war, dass man andernfalls einen Wildwuchs an Windrädern riskiere. Denn die dürfen, wenn nicht ein Mindestmaß an Gelände explizit für diesen Zweck freigehalten wird, quasi überall in der freien Landschaft errichtet werden. Außerdem wollen die Räte die Klimawende vorantreiben und dabei auch auf die Tube drücken. In Anlehnung an die Worte von Bundeskanzler Olaf Scholz erklärte Sebastian Engelmann (Grüne), „dass wir hier in Marbach ein bisschen Deutschland-Tempo reinbringen wollen“.

Bürgermeister Jan Trost ging zudem auf die Sorge von CDU-Mann Jochen Biesinger ein, wonach die Standorte im Hardtwald zu wenig geeignet seien und die Anlagen dann womöglich oft gar keinen Strom produzieren, man aber viel Landschaft verbrauche. „Es wird natürlich niemand dort bauen, wenn die Windhöffigkeit nicht gewährleistet ist. Dann wäre es nicht wirtschaftlich“, sagte der Rathauschef.

Marbach war die letzte Kommune, die über das interkommunale Vorhaben abgestimmt hat. Zuvor hatten bereits Benningen, Freiberg am Neckar, Großbottwar, Murr, Pleidelsheim und Steinheim ihr Okay gegeben. Nur Erdmannhausen war ausgeschert und lehnte es ob des möglichen Flächenverbrauchs ab, das Projekt voranzutreiben.

„Wir werden nun, nachdem der Gemeinderat von Marbach seine Entscheidung getroffen hat, ein gemeinsames Schreiben verfassen, indem wir dem Verband Region Stuttgart das Abstimmungsergebnis mitteilen werden“, erklärt der Pleidelsheimer Bürgermeister Ralf Trettner. Immerhin hätten sieben von acht Kommunen beschlossen, dass sie sich den Hardtwald als Vorranggebiet für Windkraft vorstellen könnten. Der Verband Region Stuttgart sei jetzt „als Planungsträger gefragt zu entscheiden, ob dieser das Gebiet ausweist oder nicht“, sagt Trettner, der das Projekt für die Kommunen koordiniert.

Region orientiert sich am Windatlas

Der offizielle Startschuss für das Verfahren zur Teilfortschreibung des Regionalplans soll am 25. Oktober fallen. Die Städte und Gemeinden haben dabei auch nochmals die Möglichkeit, eine Stellungnahme abzugeben. Es wäre naheliegend, dass sie von diesem Recht Gebrauch machen. Denn zumindest im Entwurf für den Regionalplan wird die von der Hardtwald-Allianz ins Auge gefasste Fläche nicht eins zu eins übernommen. „Der Offenlageentwurf orientiert sich strikt an den regionalplanerischen Grundlagen“, betont Thomas Kiwitt, Technischer Direktor des VRS. Das bedeute insbesondere, dass mindestens eine Windleistungsdichte von 215 Watt pro Quadratmeter nach Windatlas erreicht werden müsse. „Dementsprechend ist im Planentwurf auch nur der nordwestliche Teil des Hardtwaldes ausgewiesen“, fügt Kiwitt hinzu.

Da es in der Regionalplanung eher um grobe Abgrenzungen und keine parzellenscharfen Vorgaben geht, könne man die Vorranggebiete im Entwurf nicht direkt mit den vor Ort diskutierten Flächen vergleichen, sagt Thomas Kiwitt. „Die Gemarkung Erdmannhausen ist aber im Entwurf nicht drin“, stellt er klar. Das muss freilich noch nicht das letzte Wort sein. Im Beteiligungsverfahren hätten die Städte und Gemeinden die Möglichkeit, weitere Standorte und neue Abgrenzungen vorzuschlagen, erklärt Kiwitt. Im Laufe der weiteren Beratungen werde dann entschieden, „ob diese Erweiterungen aufgenommen werden“.

Sollte also der Wunsch aufkommen, doch die gesamte, von den Kommunen definierte Hardtwaldfläche als Vorranggebiet zu berücksichtigen, habe die Regionalversammlung das letzte Wort.

Bürgermeister glaubt an vertrauensvolle Zusammenarbeit

Gespannt sein darf man auch darauf, was passiert, wenn der VRS die Potenzialfläche so eindampft, dass sich nur auf wenigen Gemarkungen Windräder überhaupt drehen dürfen. Gehen dann die anderen Kommunen von Bord? „Hier befinden wir uns im spekulativen Bereich“, sagt Ralf Trettner. „Als kommunale Vertreter sind wir dafür bekannt, dass wir Schritt für Schritt unsere Themen abarbeiten, und daher bin ich davon überzeugt, dass wir in der bisherigen Konstellation der acht Kommunen auch weiterhin gut und vertrauensvoll zusammenarbeiten werden, egal wie die Entscheidungen in den einzelnen Kommunen ausgegangen sind“, erklärt der Pleidelsheimer Bürgermeister.

Planung soll realistisch sein

Vorgaben
Der Verband Region Stuttgart (VRS) hat die Vorgabe, 1,8 Prozent der Fläche in seinem Zuständigkeitsbereich für Windräder zu reservieren. Dabei ist es nicht erlaubt, sich aus der Verantwortung zu ziehen, indem die Vorgabe nur auf dem Papier erfüllt wird und die genannten Standorte gar nicht realistisch sind. Das würde die Planung angreifbar machen, betont Thomas Kiwitt, Technischer Direktor des VRS. Deshalb orientiert sich der VRS bei der Ausweisung der Vorranggebiete grundsätzlich daran, wie ertragreich die Areale potenziell sind.

Wirtschaftlichkeit
Möglich ist allerdings, dass Landstriche, die zunächst außen vor geblieben sind, doch noch zu Vorrangflächen werden. Nämlich dann, wenn sich bei näherer Betrachtung herausstellt, dass sich hier Windräder durchaus wirtschaftlich betreiben lassen.

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