Lange Zeit waren denkmalgeschützte Gebäude häufig tabu für Fotovoltaikanlagen – ein Problem gerade für die Landeskirchen, die gerne viel mehr für den Klimaschutz tun möchten. Seit Mitte letzten Jahres sorgen nun neue Richtlinien des Landes dafür, dass deutlich mehr Panels auf die Dächer kommen.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Und es bewegt sich doch etwas. Vor einem guten Jahr noch hatten Jochen Rapp von der Evangelischen Kirche in Baden und Konstanz’ Oberbürgermeister Ulrich Burchhardt (CDU) einen Brandbrief nach Stuttgart geschickt, weil der Denkmalschutz viel zu oft Fotovoltaik- und Solarthermieanlagen auf Kirchen, alten Rathäusern oder Industriebauten verhindere. Mittlerweile sei aber eine Genehmigung beinahe die Regel, betont nun Rainer Wehaus, der Sprecher des Landesministeriums für Wohnen. Und auch die Landeskirchen sagen, dass sich die Voraussetzungen „deutlich verbessert“ hätten, so etwa Dan Peter von der Evangelischen Landeskirche in Württemberg.

 

Tatsächlich haben die vier großen christlichen Kirchen im Land in ersten Workshops rund 200 denkmalgeschützte Gebäude, vorwiegend Kirchen und Pfarrhäuser, mit Vertretern der Denkmalpflege besprochen. Jedes Gebäude wurde einzeln durchgegangen. 74 von ihnen seien dann direkt, weitere 57 mit Auflagen als genehmigungsfähig erklärt worden, so Rainer Wehaus; das macht zusammen zwei Drittel.

Genehmigung ist in der Regel zu erteilen

In Stuttgart gehören etwa die Bonhoefferkirche im Fasanenhof oder die Wolfsbuschkirche in Weilimdorf zur ersten Kategorie. Im April folgt eine weitere Runde, für die allein die württembergische Landeskirche 56 weitere Gebäude auf die Liste gesetzt hat.

Diese Wende hat sich im vergangenen Sommer vollzogen, als Wohnungsbauministerin Nicole Razavi (CDU) mit kurzen, aber wirksamen neuen Leitlinien die bisherige Praxis auf den Kopf gestellt hat. Denn jetzt gilt, wie es in den Leitlinien kategorisch heißt: „Die Genehmigung ist zu erteilen.“ Nur bei besonders starken Beeinträchtigungen des Denkmals kann die Untere Denkmalschutzbehörde, die in den Landratsämtern angesiedelt ist, die Genehmigung verweigern.

Dazu gehört etwa, wenn die Anlage das Dach „fremdartig überformen“ würde. Geprüft werden muss regelmäßig, ob die Solarpanels nicht auf einem Nebengebäude angebracht werden könnten. Die häufigste Auflage ist, dass die Kollektoren die gleiche Farbe wie die Dachziegel bekommen müssen. Das sei etwa bei der Morizkirche in Rottenburg am Neckar aus dem 14. Jahrhundert der Fall, wie Gregor Moser von der Diözese Rottenburg-Stuttgart mitteilt; dort sind die Dachplatten rötlich. Gebäude, die zum Weltkulturerbe der Unesco gehören, wie das Kloster Maulbronn, erhalten keine Genehmigung.

Natürlich stellt sich die Frage, warum die Kulturdenkmäler überhaupt mit solchen technischen Vorrichtungen verändert werden müssen – sie machen in Deutschland nur drei Prozent aller Gebäude aus. Kann man die Energiewende nicht auf den übrigen 97 Prozent ausreichend voranbringen? Doch bei den Kirchen und auch bei manchen Kommunen, eben auch in Konstanz, sind teils die Hälfte aller Immobilien denkmalgeschützt. Ohne deren Bestückung könnten sie ihre eigenen ambitionierten Klimaziele in den Wind schreiben.

Manchmal scheitert eine Anlage auch am Brandschutz

Alle Kirchen im Land wollen klimaneutral werden. Gregor Moser rechnet zum Beispiel vor, dass die Diözese Rottenburg-Stuttgart bis zum Jahr 2038 insgesamt 1700 PV-Anlagen installiert haben will – derzeit seien es lediglich 231. Jochen Rapp, der Mitunterzeichner des damaligen Brandbriefs, erzählt, dass seine Kirche gemeinsam mit dem kirchlichen Versorger KSE Energie gerade eine Prioritätenliste aufstellt. Mehr oder weniger klimaneutral wollen alle vier großen christlichen Kirchen im Land im Jahr 2040 sein. Bauherr ist im Übrigen meist die Kirchengemeinde vor Ort.

Auch Jochen Rapp ist mittlerweile zufrieden. Auf der Leitungsebene sei das Landesamt für Denkmalpflege nun sehr kooperativ, sagt er, wobei natürlich auch schon früher Anlagen bewilligt wurden. Auf den unteren Ebenen gebe es aber manchmal weiter Probleme, weil Mitarbeiter den früheren Vorstellungen verhaftet geblieben seien.

Daneben erschweren oder verunmöglichen weitere Aspekte den Betrieb einer Fotovoltaikanlage auf einem Kulturdenkmal. So müsse die Kommune häufig die Ortsbildsatzung verändern, erzählt Gregor Moser. Der Brandschutz oder schlicht die Statik kann allen Bemühungen einen Strich durch die Rechnung machen. Und natürlich kann eine Anlage aufgrund von Gebäudeeigenheiten oder Auflagen so teuer werden, dass sie sich nicht mehr rentiert.

Dachziegel mit integrierter Fotovoltaikanlage kommen

Mit dem technischen Fortschritt werden aber vermutlich weitere Kulturdenkmäler eine Genehmigung erhalten können – viele setzen ihre Hoffnung auf neuartige Ziegel, in die kleine und fast unsichtbare PV-Anlagen integriert sind. Auch die Universität Stuttgart entwickelt gerade solche Ziegel.

Trotzdem geht es manchen immer noch nicht schnell genug. Jochen Rapp berichtet auch von Mitgliedern, die die Kirchengebäude am liebsten zum Symbol einer neuen Klimapolitik machen würden: „Sie würden selbst das Ulmer Münster über und über mit Kollektoren behängen.“