Auf der Ostalb zeigt sich, wie die Planungen für neue Windkraftanlagen durchkreuzt werden können. Der Wetterdienst, die Bundeswehr und Artenschützer wehren sich gegen mögliche Standorte.

Politik/Baden-Württemberg: Rüdiger Bäßler (rub)

Ulm - Willig sind sie gewesen, die Damen und Herren des Regionalverbandes Donau-Iller, als sie im Oktober vergangenen Jahres ein Konzept zur Fortschreibung des Kapitels Windenergie im Regionalplan beschlossen. Und bemüht auch. Über Monate reisten Verbandsvertreter durch die Kreise, Städte und Gemeinden ihres Gebiets, zu dem der Alb-Donau-Kreis gehört, der Kreis Biberach, dazu die bayerischen Kreise Neu-Ulm, Günzburg, Unterallgäu und Memmingen.

 

6000 Hektar potenziell geeigneter Baufläche für Windräder hatte der Verband innerhalb seines Gebiets ermittelt. In 47 Bürgerveranstaltungen sollten die Menschen informiert und vorbereitet werden auf den Bau von 1500 zusätzlicher Windriesen.

Vom Ergebnis der Sondierungen sind die überwiegend im Verband versammelten Bürgermeister jedoch tief enttäuscht. Fünf Bürgerinitiativen wehren sich seit Bekanntwerden der Baupläne gegen ihrer Meinung nach zu geringen Abstand zu Wohnhäusern. Viele fürchten den Lärm, der von den Windrotoren ausgeht.Die Hauptprobleme der Neuplanung tauchten jedoch an Stellen auf, die niemand im Verband auf dem Radar hatte. Und das ist auch schon das Stichwort. Der Deutsche Wetterdienst trachtet danach, Windräder von seinen bundesweit 17 Wetterradarstationen fernzuhalten, und zwar, je nach Topografie, fünf bis 15 Kilometer. Zusätzlich hat die Bundesbehörde Höhenbeschränkungen erlassen. Nördlich von Memmingen steht eine solche Radaranlage. Markus Riethe, Direktor des Regionalverbands Donau-Iller, berichtet von erfolglosen Gesprächen. „In der Nähe der Wetterstation stehen schon um die 40 Windkraftanlagen. Jetzt kommt man daher und sagt, es geht nichts mehr.“ Reichweitenminderungen, Verschattungseffekte, Winkelfehler bei der Darstellung von Wettererscheinungen, Reflexionen, Trübungen, dies und mehr beschreiben Experten als angeblich mögliches nachteiliges Ergebnis, wenn Windkraft- und Radaranlagen dicht beieinanderstehen.

Der Regionalverband sucht Standorte für 1500 Rotoren

Auch die Bundeswehr arbeitet mit Radaranlagen, und darum kämpft auch sie für die Freihaltung von der Windkraftgewinnung in der Nähe von Militärflughäfen und Flugsicherungsanlagen. 15 bis 50 Kilometer muss derzeit, je nach Bundesland und Größe der Militäreinrichtung, Abstand zu Windmühlen gehalten werden. Den Regionalverband Donau-Iller trifft das voll. In Laupheim (Kreis Biberach) ist eine Hubschrauberstaffel der Bundeswehr stationiert. Auswirkungen auf die Planung habe auch ein Luftverteidigungsradar in Meßstetten (Zollernalbkreis), „obwohl er weit außerhalb unseres Verbandsgebiets liegt“, klagt Verbandsdirektor Riethe.Die Planer werden nicht zuletzt von Artenschützern gequält, im vorliegenden Fall vor allem aus Bayern. Dort liegen ländliche Gebiete, in denen die besonders geschützten Vogelarten Roter und Schwarzer Milan leben. Wenn die Populationen bestimmte Größen überschreiten, dürfen ebenfalls keine Windräder gebaut werden.

Bei der Bundeswehr wird man kompromissbereiter

Wenn es bei den geltenden Restriktionen bleibe, dann müssten von den ins Auge gefassten 6000 Hektar Fläche im baden-württembergisch-bayerischen Grenzgebiet, zu dem ein Teil der Schwäbischen Alb gehört, 70 Prozent wieder als potenzielle Baufläche für Windkraftanlagen gestrichen werden, erklärt Verbandschef Riethe. „Das geht ja nicht nur uns so, sondern auch anderen“, sagt er. Die Mitglieder des in Ulm ansässigen Verbandes sehen sich damit überfordert, alle Probleme eigenständig zu lösen; das Land und der Bund müssten zu zentralen Konsensregelungen kommen, wird gefordert.

Immerhin, in Sachen Bundeswehr tut sich etwas. Der Bundesverband Windenergie (BWE), der einen „Arbeitskreis Radar“ gebildet hat, teilte kürzlich mit, die Bundeswehr sei bereit, ihr Nachttiefflugsystem an die Gegebenheiten der Energiewende anzupassen. Künftig könne bei Bedarf die Flughöhe um etwa 100 Meter erhöht werden, das bedeute, Windkraftanlagen bis zu einer Bauhöhe von 220 Metern seien künftig möglich. Man sei überzeugt, so die BWE-Vizepräsidentin Sylvia Pilarsky-Grosch, weitere Probleme ebenfalls im guten Einvernehmen lösen zu können.