Die Politik hat auf die Einwände der Bürger reagiert und setzt auf mehr Erdverkabelung. Der Ausbau der für Süddeutschland wichtigen Stromtrassen verschiebt sich dadurch.

Berlin - Der für Süddeutschland wichtige Ausbau der Stromtrassen wird mehr Zeit in Anspruch nehmen als zuletzt vorgesehen. Die Bundesnetzagentur hat in einem Bericht zum Stand des Stromnetzausbaus die Zeitpläne für die verschiedenen Vorhaben bekannt gegeben. Danach kommt es mehrfach zu Verzögerungen. Die für den Südwesten wichtige Stromtrasse Suedlink, die vom schleswig-holsteinischen Brunsbüttel ins baden-württembergische Großgartach führt und eine Länge von 770 Kilometer hat, wird nach Angaben der Netzagentur 2025 fertig. Daneben gibt es noch einen Suedlink-Strang, der über das unterfränkische Grafenrheinfeld in Baden-Württemberg ankommt und eine Trassenlänge von 620 Kilometer aufweist. Auch diese Abzweigung wird erst im Jahr 2025 fertig. Bisher wurde in den Netzentwicklungsplänen für die Leitungen Suedlink das Jahr 2022 genannt. Die beiden Stromautobahnen sollen an Land und auf See erzeugten Windstrom transportieren und den Energiebedarf in Baden-Württemberg und Bayern decken.

 

2022 gehen die Atommeiler vom Netz

Da in Süddeutschland bis 2022 die verbleibenden Atomkraftwerke vom Netz gehen, war ursprünglich vorgesehen, mit den neuen Stromtrassen Windstrom nach Süddeutschland zu transportieren. Die Leitungen sollten nach der ursprünglichen Planung fertiggestellt sein, wenn die letzten deutschen Atomkraftwerke vom Netz gehen. Auch die Leitung vom nordrhein-westfälischen Osterath nach Philippsburg in Baden-Württemberg wird erst 2021 und damit zwei Jahre später fertig. Mit diesem Netz soll ebenfalls Strom von der Nordsee nach Süddeutschland transportiert werden.

Mit den Verzögerungen stellt sich die Frage der mittelfristigen Versorgungssicherheit. Das Bundeswirtschaftsministerium sieht die Versorgungssicherheit nicht in Gefahr. Es gebe sogar Überkapazitäten im Markt, erklärte das Ministerium. Die Aufgabe der Netzbetreiber sei es, bei Netzengpässen Gegenmaßnahmen zu ergreifen.

Regierung will nicht von Verzögerung sprechen

Die Bundesregierung bezeichnete es als irreführend, von Verzögerungen zu sprechen. Im vergangenen Jahr verständigten sich Bund und Länder darauf, den unterirdischen Erdkabeln Vorrang zu geben. Damit reagierte die Politik auf den erheblichen Widerstand in der Bevölkerung gegen große Stromtrassen. Mit der Erdverkabelung sei die Voraussetzung geschaffen worden, dass die großen Übertragungsleitungen von den Anwohnern akzeptiert würden, erklärte das Wirtschaftsministerium. „Mit der alten Planung als Freileitung wären diese Trassen wahrscheinlich niemals gebaut worden“, teilte das Ministerium mit. Insofern sei es ein Fortschritt, dass die Leitungen errichtet werden könnten. Es sei klar, dass durch die Umstellung auf Erdkabel neue Planungen erforderlich sind. Da sich die Planungen für den Leitungsausbau in einem frühen Stadium befunden hätten, rechnet das Ministerium aber nicht mit großen Verzögerungen. Nur ein Netzausbau, der von den Menschen mitgetragen werde, könne die Energiewende voranbringen, erklärte das Ministerium. Auch die Bundesnetzagentur sieht die Erdverkabelung als Ausweg an. „Das Erdkabelgesetz verzögert den Netzausbau nicht, es macht ihn erst möglich“, sagte der Chef der Netzagentur, Jochen Homann der Nachrichtenagentur dpa.

Nach Angaben von Experten gibt es schon jetzt erhebliche Probleme, weil für den Windstrom aus dem Norden das Netz nicht ausreicht. In diesem Fall kommt es zu Zwangsabschaltungen, die von den Stromkunden bezahlt werden müssen. Die Kosten dafür sind zuletzt auf rund eine Milliarde Euro jährlich gestiegen. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) verfolgt mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 2016 das Ziel, den Ausbau der Windkraft an Land zu drosseln und an die Übertragungsnetze anzupassen. Der Entwurf des EEG 2016 wird am Mittwoch im Kabinett beraten. Mit dem Gesetz soll auch verhindert werden, dass die Kosten für Zwangsabschaltungen auf ein Vielfaches steigen.

Der schleswig-holsteinische Energieminister Robert Habeck (Grüne) warf der Bundesregierung vor, beim Zeitplan extrem hinterherzuhinken. „Die Verzögerungen bei Suedlink ist sehenden Auges entstanden und politisch von der Bundesregierung und Bayern zu verantworten“, sagte Habeck. Die Energiewende könne nur mit Suedlink funktionieren. Vor allem der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer hatte sich dafür eingesetzt, wegen des Widerstands der Bevölkerung auf Erdverkabelung zu setzen.

So soll das Stromnetz ausgebaut werden: