Ingrid Krauß engagiert sich seit 1985 für den Austausch zwischen der Strohgäukommune und ihren Partern in Belgien und Frankreich. Der Bürgermeister aus Tubize kritisiert den Separatismus in der EU.

Korntal-Münchingen - Sie spricht drei Sprachen, und sie ist überzeugt von Europa. Ingrid Krauß unterstützt die Städtepartnerschaften von Korntal-Münchingen, Tubize in Belgien und Mirande in Südfrankreich seit mehr als 30 Jahren. Dafür hat ihr der Bürgermeister Joachim Wolf am Samstag gedankt. Auf sie als „Schafferin im Hintergrund“ und als Gastgeberin sei seit Jahrzehnten Verlass. Die 78-Jährige erhält im Mai bei der Europatagsfeier den Ehrenamtspreis der Stadt Korntal-Münchingen.

 

Immer bereit für Gäste

Ingrid Krauß und ihr Mann Gerhard sind immer bereit, Gäste aus Belgien oder Frankreich aufzunehmen. Freundschaften hätten sich „von der ersten Stunde an“ daraus entwickelt, erzählt die agile Frau, der man ihren Geburtsjahrgang 1941 nicht ansieht. Und sie berichtet strahlend, wie ihre Liebe zu Frankreich begann: Ende der sechziger Jahre am Progymnasium in Zuffenhausen. „Ich habe Französisch gelernt, und ein Lehrer sagte uns, wir sollten Zeitung lesen und ein Thema ständig verfolgen“ – das war für sie die Entwicklung in Frankreich. Als sie später mit ihrem Mann nach Korntal zog, hätten sich beide ein Betätigungsfeld für ehrenamtliches Engagement gesucht. Er fand dies im Musikverein, sie 1985 im Partnerschaftskomitee.

Ihre Französischkenntnisse frischte sie dazu an der Volkshochschule auf, und das an der Schule vernachlässigte Sprechen habe sie bei vielen Besuchen in Frankreich und Belgien rasch eingeübt. Dann kamen Belgier und Franzosen nach Korntal – und das blieb bis heute so. Vier- bis fünfmal ist das Gästezimmer im Hause Krauß pro Jahr belegt, und das „parler francais“ kommt dann von selbst. Reisen führten das Ehepaar in alle Regionen des Nachbarlandes, nicht nur nach Südfrankreich, wo Mirande liegt. Und das Frankophile wurde vererbt: Eine der Töchter ist Französischlehrerin.

„Ein überzeugter Europäer“

Sie habe mit Politik „eigentlich nichts am Hut“, antwortet Ingrid Krauß auf die Frage, was sie vom Separatismus in der EU und dem Brexit halte. Um dann zu sagen: „Die Engländer haben nicht begriffen, dass wir in Europa nur gemeinsam stark auftreten können. Sie sind noch ihrem Commonwealth-Denken verhaftet.“ Dennoch sollte jedes Land der EU „seine Eigenheiten behalten dürfen“.

Als strenger Gegner des Brexit spricht sich auch Michel Januth, der Bürgermeister von Tubize, aus. Er sei ein überzeugter Europäer, sagt er, und für Integration – auch der Staaten im Osten Europas, die man vor Jahren aufgenommen habe. Viel Geld habe man nach Rumänien, Bulgarien oder Ungarn gegeben. Man müsse sie weiter unterstützen, um sie zur Stabilität zu bringen, „aber sie können uns noch nichts zurückgeben“. Spaltungstendenzen gebe es aber auch in Belgien: Eine rechte Partei betreibe die Abspaltung Flanderns, also des an die Niederlande angrenzenden Landesteils.

Viele Begegnungen vereinbart

Im Partnerschaftskomitee wurden für 2019 viele Begegnungen vereinbart. Joachim Wolf freut sich über neue Ideen – wie eine Kunstaktion von Schülern. Der Anlass ist das 200-Jahr-Jubiläum von Korntal. Die Werke sollen zum Jahresende in allen drei Städten ausgestellt werden. Wolf regte auch an, den Schüleraustausch zwischen den drei Partnerstädten zu reaktivieren. Auch Sportler und Musiker sollen in die anderen Städte reisen. Über die Europapolitik in Großbritannien könne er „nur den Kopf schütteln“, meinte Wolf.