Dartmoor, die urwüchsige Hügellandschaft in der südostenglischen Grafschaft Devon ist berühmt für seine einzigartige Natur. Der Dartmoor National Park ist zu jeder Jahreszeit eine Reise wert – nicht nur wegen der Grusellegende vom „Hund der Baskervilles“.
Das Wort ist Inbegriff des Unheimlichen. Es steht für Nebelschwaden über dem Hochmoor, ein berüchtigtes Gefängnis und die bekannteste aller Sherlock-Holmes-Geschichten: „Der Hund der Baskervilles“.
In seinem dritten Roman setzt der britische Arzt und Schriftsteller Sir Arthur Connan Doyle die Kargheit und mystische Stimmung der Dartmoor-Landschaft literarisch ins Bild. Dartmoor ist auch Ort der Handlung in Doyles Kurzgeschichte „Silver Blaze“, die sich ebenfalls um Sherlock Holmes und Dr. Watson dreht.
Dartmoor und „Der Hund der Baskervilles“
In „The Hound of the Baskervilles“ müssen der Londoner Detektiv und sein unermüdlicher Begleiter einen mysteriösen Todesfall aufklären: Sir Charles Baskerville wurde mit einem Ausdruck größten Entsetzens auf seinem Gesicht aufgefunden, mit den Fußabdrücken eines gigantischen Hundes in nächster Nähe.
Um den Stoff zu recherchieren, unternahm Sherlock-Holmes-Erfinder Sir Arthur Conan Doyle (1859-1930) im Jahr 1901 eine Reise in die einsame Urlandschaft in Englands Südwesten. Einer seiner Hauptinformanten war der örtliche Pfarrer und Dartmoor-Kenner Robert Duins Cooke.
Eine der populärsten Verfilmungen ist die neunte Literaturadaption des Romans, aus dem Jahr 1959, produziert von den britischen Hammer Film Productions, unter der Regie von Terence Fisher. Die Hauptrollen sind mit Peter Cushing als Sherlock Holmes, André Morell als Dr. Watson und Christopher Lee als Sir Henry Baskerville besetzt.
Der echte Henry Baskerville
Dessen Urenkel Alex Graeme hat sich darauf spezialisiert, Touristen an die Entstehungsorte des weltbekannten Kriminalromans zu führen. Seine achtstündige „The Hound of the Baskervilles Tour“ hat ihm in Großbritannien mittlerweile zu einiger Bekanntheit verholfen.
„Henry Baskerville“ steht auf dem verwitterten Grabstein auf dem Friedhof von Ashburton, eine der ersten Stationen der Tour. Eine Figur aus dem Buch? Nicht ganz. Doyle borgte sich den klangvollen Namen einfach von dem Kutscher Henry Baskerville, der ihn damals im Dartmoor herumfuhr.
Henry Baskerville führte ein ruhiges Leben und starb 1962 im Alter von 81 Jahren friedlich im Bett – und nicht etwa zu Tode gehetzt von einem kalbsgroßen phosphoreszierenden Höllenhund.
Tors und Prison: Dartmoors Geheimnisse
In der Landschaft von Dartmoor dominieren Braun- und Grüntöne, hin und wieder aufgelockert von wild lebenden Dartmoor-Ponys. Die Tiere suchen mitunter die Nähe geparkter Autos, um sich aufzuwärmen.
Orientierungspunkte am Horizont sind die dramatisch aufragenden Tors, unwirkliche Felsformationen. Sie wirken wie aufgestapelte und teils wieder eingestürzte Riesenbauklötze.
„Ich rate euch, das Moor in jenen dunklen Stunden, da die Kräfte des Bösen am Werk sind, nicht zu überschreiten“, heißt es in Arthur Conan Doyles Roman. Ein besonders düsterer Anblick ist der des Prison Dartmoor.
Errichtet wurde das Gefängnis im Jahr 1806 für französische Kriegsgefangene, die zuvor auf abgetakelten Schiffen interniert worden waren. Bis heute sind die grauen Granitkästen als Zuchthaus in Betrieb. Im „Hund von Baskerville“ verbreitet ein ausgebrochener Sträfling zusätzliche Spannung.
Holy Trinity Church: magisches Gemäuer
Der Ort, der am stärksten mit der Sherlock-Holmes-Geschichte verbunden ist, ist die Ruine der Holy Trinity Church am Rande des Dorfes Buckfastleigh, die einsam inmitten schiefer Grabsteine steht. 1992 brannte sie ab, ein Unbekannter hatte Feuer gelegt.
Möglicherweise stand die Brandstiftung in Zusammenhang mit Kulten von schwarzer Magie und Satanismus, die in dem einsamen Gemäuer praktiziert worden sein sollen. Dass das Gebäude solche Leute anzog, hatte wiederum mit der wuchtigen Grabkammer zu tun, die unbeschädigt neben der Kirche steht.
Gutsherr Richard Cabell und der Teufel
Hier ruht der zu Lebzeiten als besonders grausam gefürchtete Gutsherr Richard Cabell III., Beiname „Dirty Dick“, der angeblich seine Seele an den Teufel verkauft hatte. Seit seinem Tod im Jahre 1677 soll der passionierte Waidmann in stürmischen Nächten als Phantom mit seinen Hunden übers Moor jagen.
Eben diese Legende stellte Doyle ins Zentrum seiner Detektivgeschichte: Bei ihm ist es ein böser Baskerville aus dem 17. Jahrhundert, der nachts im Moor jungen Frauen nachstellt, bis er schließlich von einem Hund zu Tode gehetzt wird.
Reiseführer Alex Graeme weiß zu berichten, dass die örtliche Bevölkerung den Geist Cabells dermaßen gefürchtet habe, dass sie seinen Sarg in dem massiven Grabhaus hinter dicken Mauern, Eisenstäben und obendrein unter einer mächtigen Steinplatte festsetzte.
Sümpfe der Fox Tor Mires
Von der Ruine geht es in die Sümpfe der Fox Tor Mires. Diese schwermütige Gegend soll Doyles Vorbild für das fiktive Moor Grimpen Mire gewesen sein, jene besonders isolierte Region, in der der Hund sein Unwesen treibt.
Das gemütliche Hotelrestaurant „Two Bridges“ unweit des moosbedeckten Eichenwalds Wistman’s Wood ist ideal für eine beschauliche Rast. Doch – man hätte es sich ja denken können – auch dort spukt es. Die „Wisht Hounds“, blutrünstige Hunde mit brennend roten Augen, sollen hier umgehen.
In dem urigen Pub, in dem sich viele Wanderer stärken und ausruhen, knistert behaglich ein Kaminfeuer. Jetzt einen heißen Cream Tea und Scones mit Marmelade genießen. Und die Geister im Moor? Die müssen draußen bleiben.