Beim Entdeckungstag „ Schätze des Westens“ zeigen Handwerk, Künstler und Designer ihr können. Bezirksvorsteher Reinhard Möhrle sieht sich in der Kreativität seines Stadtbezirks bestätigt.

S-West - Die Kaffeebohnen in der Trommel verbreiten einen betörenden Duft. „Ich könnte Tag und Nacht rösten“, sagt der Kaffeesommelier Manfred Fröhlich. Seine Tochter, Maike Fröhlich, ist die Inhaberin des gleichnamigen Familienbetriebs an der Gutenbergstraße. Beim Entdeckungstag „Schätze des Westens“ präsentieren sich die Kreativen, also die Designer, Galeristen und Kunsthandwerker des Bezirks. „Wir betreiben aber auch ein Kunsthandwerk“, sagt Maike Fröhlich, während sie die von ihrem Vater gerösteten Bohnen genau abwiegt. Ein guter Espresso, das sei eben mehr als Dampf und gemahlener Kaffee, sagt sie. Vater Manfred demonstriert den Besuchern am gasbefeuerten Trommelröster, worin die Kunst besteht, einen guten Kaffee zu rösten.

 

Anderes Prozedere als bei der industriellen Verarbeitung

„Ich muss riechen, wann die Bohnen soweit sind“, sagt er. Anders als bei der industriellen Verarbeitung, dauert es in der Kaffeerösterei circa eine halbe Stunde, bis die Bohnen geröstet sind. Dann müssen sie ruhen, um weitere unerwünschte Stoffe wie bittere Gerbsäuren auszuscheiden. Schließlich kommt Maike Fröhlich mit ihrer Waage zum Einsatz. Sie misst das Gewicht der Kaffeebohnen genau ab, die dann zu Pulver zermahlen werden. Letztlich zieht der heiße Dampf durch die gemahlenen Bohnen und das Kunstwerk fließt mit einem blubbernden Geräusch in einem heißen schwarzen Strahl in das bereit stehende Espressotässchen.

Für Dominik Bosch hat sich das frühe Aufstehen an diesem Samstag gelohnt. Den Tag hat er sportlich mit einem Gang ins Schwimmbad begonnen. Im Anschluss hat er genug Zeit, die Schätze des Westens zu erkunden. Er besucht die verschiedenen Ateliers, Läden und Werkstätten, die sich in diesem Jahr an dem Entdeckungstag beteiligen. „Ich bin immer wieder erstaunt, was der Stuttgarter Westen zu bieten hat“, sagt er. Der Westen sei eben ein bisschen wie Berlin, sagt er.

„Heute sehe ich mal wieder, wie kreativ unser Bezirk ist“

Bezirksvorsteher Reinhard Möhrle dürfte das gerne hören. Er steht in diesem Moment vor einem Regal duftender Seifen, im Laden Zhenobya an der Johannesstraße. Es mache ihm Spaß, im Westen Bezirksvorsteher zu sein. „Heute sehe ich mal wieder, wie kreativ unser Bezirk ist“, sagt er.

Der Besitzer des Seifengeschäfts, Bassam Al-Machout, muss sich besonders auf seine Kreativität verlassen. Der Nachschub für seine Aleppo-Seifen aus dem verwüsteten Syrien stockt. „Wir hatten vor dem Krieg eine viel zu große Lieferung bekommen. Das ist jetzt unser Glück“, sagt er. Die große Auswahl an bunten, wohlriechenden Seifen aus der gemarterten Stadt gleicht so einem kleinen Wunder.