Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer droht bau-unwilligen Grundbesitzern Enteignung an. Rechtlich ist das möglich. Es sollte aber nur das letzte Mittel sein, kommentiert Thorsten Knuf.

Berlin/Tübingen - Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer sondert viel Unsinn ab, bevorzugt über die sozialen Medien. Für eine Debatte, die er angestoßen hat, sollte man ihm allerdings dankbar sein: Palmer hat eine breite Öffentlichkeit daran erinnert, dass es im Baurecht seit vielen Jahren das sogenannte Baugebot gibt: Kommunen können Besitzer unbebauter Grundstücke unter bestimmten Umständen dazu zwingen, die Flächen zu bebauen. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) macht sich bereits für eine Verschärfung der einschlägigen Regelungen stark und weiß dabei auch den Deutschen Städtetag an seiner Seite.

 

Angesichts des eklatanten Wohnungsmangels in vielen deutschen Städten führt kein Weg daran vorbei, mehr Bauland zu mobilisieren. Denn in der Regel fehlt es nicht an Bauherren, sondern an geeigneten Flächen für den Wohnungsbau. Wer die Wohnungskrise bekämpfen will, muss hier ansetzen. Enteignungen können dabei nach geltender Rechtslage aber nur das letzte Mittel sein, um brachliegende Grundstücke doch zu nutzen. Das ist auch gut so, denn das Recht auf Eigentum ist ein Grundrecht. Mit ihm muss der Staat pfleglich umgehen. Das sollte übrigens auch im Land Berlin gelten, wo sich Aktivisten dafür stark machen, gleich ganze Wohnungskonzerne zu enteignen.