Csanad Szegedi ist einer der aggressivsten Hardliner der ungarischen Rechtspartei Jobbik. Juden und andere Minderheiten waren seine bevorzugten Ziele. Jetzt muss er zugeben, dass seine eigene Großmutter Jüdin war.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Budapest - Csanad Szegedi durchlebt den Albtraum jedes Rechtsradikalen. Jahrelang hetzte er gegen Ausländer, schmähte alles Jüdische und pries die eigene ungarische Nation – doch nun stellt er plötzlich fest, dass die eigene Großmutter Jüdin ist. Die heißt Magoldna Klein, hat das Konzentrationslager in Ausschwitz überlebt und hat ganz offensichtlich noch nie mit ihrem Enkel ein Wort über das Thema gewechselt. „Ich sage nicht, dass ich nicht überrascht war über diese Neuigkeit“, erklärte Szegedi. Die Schockstarre hat sich schnell gelöst und er entschloss sich für die verzweifelte Flucht nach vorne. Schließlich ist der Mann nicht irgendwer, sondern Europa-Abgeordneter der rechtsradikalen Jobbik-Partei. In der rechtslastigen Zeitung „Barikad“ gab Szegedi, der wegen seiner verbalen Ausfälle schon als „Faust der Partei“ bezeichnet wurde, ein erklärendes Interview. Darin präsentierte er sich allerdings eher kleinlaut. Es sei nicht wichtig zu wissen, wer ein reinrassiger Ungar sei, erklärte Szegedi rassen-theoretisch verschwurbelt seinen Gesinnungsfreunden in „Barikad“. „Wichtig ist, dass man sich wie ein Ungar benimmt.“

 

Doch befeuerte das Interview den Spott, der sich über den ungarischen Vorzeige-Radikalen ergoss. Richard Prasquier, Präsident des Dachverbandes jüdischer Organisationen in Frankreich, kommentierte die Sachlage mit vernichtender Ironie: „Angesichts dieser schrecklichen Entdeckung versichern wir ihm unser tiefstes Mitgefühl. Unter anderen Umständen wäre die angebrachte Reaktion, Harakiri zu begehen.“ Da der „unglückliche Szegedi“ diese Option nicht gewählt habe, müsse er sich nun „philosophischen Frage stellen, die seine intellektuellen Fähigkeiten weit übersteigen“.

Auf seine rechtsradikalen Kameraden kann sich Csanad Szegedi – noch – verlassen. Jobbik-Parteiführer Gabor Vona versuchte sogar den Spieß umzudrehen und verkündete angesichts des Outings, dass dies doch der Beweis sei, dass seine Partei weder intolerant noch antisemitisch sei. Andere Parteigenossen gehen allerdings den sichereren Weg. Ein rechtsextremer Politiker wandte sich an ein Genlabor und ließ sich seine Abstammung höchst wissenschaftlich bestätigen. Das Ergebnis: in seinem Erbgut sei kein einziges jüdisches Gen zu finden.