Nicht allein die mehrsprachig aufwachsenden Kinder stehen im Mittelpunkt der internationalen Krabbelgruppe, die sich in Ostfildern etabliert hat. Auch die Mütter profitieren vom Austausch untereinander.

Ostfildern - Der kleine Patrik quengelt etwas an diesem Morgen, hängt lieber an seiner Mama, als mit den anderen Kleinkindern zu spielen. „Er bekommt weitere Zähne“, sagt seine Mutter, Eva Burckhardt. Wie fast jeden Mittwochvormittag ist die 39-Jährige zur internationalen Krabbelgruppe gekommen. International, weil die Mütter und ihre Kinder aus aller Herren Länder stammen, von Kolumbien bis Russland. Neben der mehrsprachigen Erziehung der Kleinen geht es aber vor allem um die Mütter.

 

Gegründet hat die Gruppe Beatrice Vermeij-Böhm. Ende 2013 ging sie als ein Teil des Projekts „Eltern im Netzwerk Sprache plus Bildung“, kurz eins plus b, an den Start. Mit Plakaten wollte die diplomierte Pädagogin auf ihre Krabbelgruppe aufmerksam machen, doch in den ersten sechs Monaten kamen nur zwei Frauen. „Zunächst war ich traurig darüber“, erinnert sie sich. Von der anfänglichen Enttäuschung ist heute nichts mehr zu spüren.

Erst die persönliche Einladung hat gefruchtet

Vermeij-Böhm ist keine, die sich hängen lässt. Als sich auf die Werbung keine Mütter melden, beschließt sie kurzerhand, ihre Strategie zu ändern. Statt darauf zu warten, dass die Frauen mit ihren Kleinkindern zu ihr kommen, geht sie lieber selbst durch die Stadt. Auf der Straße oder auf Spielplätzen spricht sie Mütter an und lädt sie zum Treff ein. „Ich habe schnell gemerkt, dass das auf persönliche Einladung hin am besten funktioniert“, sagt sie.

Ihr Gefühl hat sich als guter Ratgeber erwiesen. Mittlerweile sind im Schnitt acht bis zehn Mütter mit ihren Kindern jeden Mittwoch zwischen 9.30 Uhr und 11 Uhr im Treffpunkt Parksiedlung anzutreffen. Auch wenn die meisten aus dem Scharnhauser Park und der Parksiedlung stammen, dürfen Frauen aus ganz Ostfildern das Angebot nutzen. In der Woche vor Weihnachten ist es etwas belebter. Die Frauen veranstalten ein Adventsfrühstück. Jede hat etwas zum Buffet beigetragen. Die Stimmung ist locker. Trotzdem geht es in den Gesprächen nicht nur um Alltägliches.

„Wir beraten die Frauen beispielsweise bei Zweisprachigkeit“, sagt Vermeij-Böhm. Sie erzählt von einer Mutter, die mit ihrem Kind immer nur russisch gesprochen hat. „Kurz bevor es in die Kita kam, hat es ihr Sorgen bereitet. Sie wollte nicht, dass ihr Kind sich dort fremd fühlt“, erklärt die Pädagogin. Doch plötzlich deutsch mit ihm zu sprechen habe sich seltsam, nicht authentisch, angefühlt. „Ich riet ihr zu Hause weiterhin russisch zu sprechen und außerhalb deutsch“, sagt sie. Die eine Lösung aber gebe es nicht. Mische man die Muttersprache und Deutsch, kämen die einen Kinder damit zurecht, andere nicht.

Austausch und Informationen sind wichtig

Eva Burckhardt hatte diesbezüglich weniger Sorgen. „Ich habe Freunde, die erziehen dreisprachig und das klappt gut“, sagt sie. Sie spricht mit Patrik sowohl tschechisch als auch deutsch. Für sie war die Krabbelgruppe von Beginn an vielmehr ein Ort, an dem sie den Austausch mit anderen Müttern hatte und Informationen über Kitas, Schulen und weiteren Angeboten für Kinder bekäme.

Gerade Information ist etwas, das Beatrice Vermeij-Böhm besonders am Herzen liegt. Denn einige der Frauen sprechen kaum deutsch und viele, die erst seit Kurzem in Deutschland leben, kennen sich noch nicht mit dem Bildungssystem und den Angeboten aus. Hier kommen die sogenannten Elternbegleiter ins Spiel. Die Ehrenamtlichen haben eine spezielle Qualifizierung durchlaufen und stehen den Frauen als Übersetzer und Ansprechpartner zur Seite. „Es ist aber noch Bedarf da“, betont Vermeij-Böhm. Vor allem Türkisch sei gefragt. „Aber in Zukunft werden Kurdisch und Arabisch eine größere Rolle spielen“, ergänzt sie. Man sei bereits auf Flüchtlinge, etwa aus Syrien, vorbereitet, habe sich über das dortige Bildungssystem informiert. „Eine Kooperation mit dem Freundeskreis Asyl haben wir bereits“, sagt sie.