Das Land muss Versorgungsleistungen für polnische Kriegsopfer mit deutscher Staatsangehörigkeit zahlen – das entschied das Landessozialgericht Baden-Württemberg. Acht Kriegsopfer hatten eine volle Versorgung eingeklagt, die ihnen seit Mai 2004 mit dem EU-Beitritt Polens zusteht.

Stuttgart - Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat das Land in mehreren Fällen verurteilt, Versorgungsleistungen für polnische Kriegsopfer mit deutscher Staatsangehörigkeit zu gewähren. Wie das Gericht am Dienstag mitteilte, waren die Urteile bereits am 21. Juni ergangen. Mit dem Urteil entsprach das Landessozialgericht einer Entscheidung des Stuttgarter Sozialgerichtes. Allerdings musste nun das ranghöhere Sozialgericht entscheiden, da am Stuttgarter Sozialgericht zunächst zwei Kammern unterschiedlich entschieden hatten (Aktenzeichen L 6 VK 4407/17, L 6 VK 4011/17 u.a.).

 

Acht Kriegsopfer hatten eine volle Versorgung eingeklagt, die ihnen seit Mai 2004 mit dem EU-Beitritt Polens zusteht. Dies hatte ein Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union 2008 möglich gemacht. Daraufhin forderte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Länder im Juni 2009 auf, Betroffene darüber zu informieren, zusätzliche Leistungen beantragen zu können.

Nahzahlung wurde von der Behörde abgelehnt

Laut Gericht hatten die Betroffenen aber erst Jahre später von einem Rechtsanwalt erfahren, dass ihnen seit Mai 2004 weitere Leistungen zustehen. Das Land hatte dann ihre Anträge zwar bewilligt, allerdings erst ab der Antragsstellung. Eine Nachzahlung für die Zeit seit Mai 2004 lehnte die Behörde ab.

Nun stellen die Richter klar, die zusätzlichen Leistungen sind auch rückwirkend seit Mai 2004 zu zahlen. „Das Versorgungsamt hätte die Hinweise 2009 in einer für Laien verständlichen Form erteilen müssen“, hieß es in einer Mitteilung des Gerichts.

Regierungspräsidium prüft Urteil

Das Regierungspräsidium Stuttgart, das mit seinem Versorgungsamt für die Zahlungen zuständig ist, will das Urteil nun prüfen. Zunächst würde es daher nicht zu Nachzahlungen kommen, wie eine Sprecherin des Regierungspräsidiums am Dienstag mitteilte. Innerhalb einer Frist bis Ende Juli will die Behörde entscheiden, ob sie mit dem Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundessozialgericht gegen das Urteil vorgeht. „Erst dann werde man weitersehen“, sagte die Sprecherin. Da es sich um komplexe Einzelfallentscheidungen handele, könne auch noch keine Aussage über die Höhe der Nachzahlungen getroffen werden, hieß es.

Für zwei der Opfer, die zwischen 1930 und 1936 in Polen geboren wurden, kommt das Urteil zu spät. Sie waren während des Gerichtsverfahrens gestorben.