Eine Initiative in Villingen-Schwenningen hat 12.000 Unterschriften gegen das 46,5-Millionen-Euro-Projekt gesammelt. Am 21. Oktober sollen 60.000 Stimmbürger über den Neubau entscheiden.

Villingen-Schwenningen - Oberbürgermeister Rupert Kubon (SPD) muss um das ambitionierteste Projekt seiner Amtszeit fürchten. Mehr als 12.000 Unterschriften hat eine Bürgerinitiative gegen den Neubau eines Rathauses auf der grünen Wiese zwischen den Stadtbezirken von Villingen und Schwenningen gesammelt. Der Gemeinderat der Doppelstadt bestätigte jetzt das Bürgerbegehren. Am 21. Oktober werden rund 60.000 Stimmberechtigte aufgerufen sein, über das 46,5-Millionen- Euro-Vorhaben abzustimmen. Da rund 15.000 Stimmen reichen, um das nötige Quorum von 25 Prozent der Wähler zu erreichen, muss der vor zwei Jahren wiedergewählte Historiker Kubon um das prestigeträchtige Vorhaben bangen.

 

Am 18. Juli hatte der Gemeinderat mit großer Mehrheit beschlossen, einen neuen Verwaltungskomplex zwischen dem badischen Villingen und dem württembergischen Schwenningen zu errichten. Im sogenannten Zentralbereich entsteht derzeit ein 263 Millionen Euro teures Klinikum, das im Frühjahr 2013 eröffnet werden soll. Im März 2017, so die Prognose, könnte das neue Rathaus dazu kommen.

Dieses Gebäude soll nach Argumentation der Stadtverwaltung helfen, die bislang auf 13 Standorte dezentral verteilte Verwaltung kostengünstiger zu gestalten. Bei einem Variantenvergleich schloss ein Neubau deutlich besser ab als eine mögliche Nutzung eines früheren Industrieareals in Schwenningen oder des bald leer stehenden Klinikkomplexes in Villingen.

Pläne bestehen bereits seit 40 Jahren

Kubon will das wahr machen, was sein Vorvorgänger im Amt, der Alt-Oberbürgermeister Gerhard Gebauer (SPD) bereits bei der Vereinigung der beiden einst so unterschiedlichen Städte geplant hatte. Der 85-jährige Gebauer, der auch im Ruhestand noch immer im Gemeinderat mitmischt, setzte sich in den hitzigen Diskussionen der vergangenen Wochen immer wieder für den Neubau ein und erinnerte immer wieder an den vereinigenden Grundgedanken der Städtefusion im Jahr 1972. „Ich habe dann aber gesagt, das Rathaus sollte nicht das erste Gebäude sein, das wir bauen“, argumentierte der Alt-OB. Als er ein paar Jahre später die Zeit für einen neuen Vorstoß reif fand, habe sich der damalige CDU-Ministerpräsident Hans Filbinger nicht mehr an seine Finanzierungszusage erinnern können. Seither war das Thema immer wieder diskutiert worden, wenn auch eher theoretisch als praktisch.

Dieses Mal, so der schwache Trost, wird vom Land von vornherein kein Zuschuss zu erwarten sein. Von den 46,5 Millionen Euro Gesamtkosten muss mit 30 Millionen Euro der Großteil über Kredite finanziert werden. Erst nach 15 bis 20 Jahren würde sich die Finanzierung rechnen. Pessimistischere Betrachtungen gehen davon aus, dass dies erst nach 28 Jahren der Fall ein dürfte.

Die Frage, ob sich die finanziell ohnehin nicht auf Rosen gebettete Stadt den teuren Neubau angesichts der Euro- und Schuldenkrise überhaupt leisten kann, treibt die Kritiker denn auch vornehmlich um. Sie sind der Ansicht, dass die Große Kreisstadt sich nach der erfolgreichen, aber auch finanziell belastenden Landesgartenschau im Jahr 2010 nicht das nächste Großprojekt auflasten sollte. So bezeichnet etwa der Unternehmerverband GVO den Neubau als „unnötig und zu teuer“.

Finanzlücke von fast sechs Millionen Euro

Noch immer besteht eine Finanzierungslücke von neun Millionen Euro. 5,7 Millionen Euro erhofft sich die Verwaltung aus dem Verkauf von historischen Gebäuden in Villingen, in denen Teile der Verwaltung untergebracht sind. Das hat dem OB einige Kritik aus der alten Zähringerstadt Villingen eingetragen, wo man ihm sowieso eher skeptisch begegnet. Drei Millionen Euro sollen noch aus dem Verkauf von Holzreserven erlöst werden.

Auch im einst zustimmenden Gemeinderat sind die Fronten aufgeweicht. So hat sich der CDU-Stadtverbandschef Klaus Martin als Skeptiker zu erkennen gegeben. Er sieht mit dem Neubau das Leitbild gefährdet, wonach vornehmlich die Entwicklung der beiden Innenstädte gestärkt werden soll. Wichtiger als ein Rathaus sei die Sanierung von Schulen, Kindergärten, Brücken, Grünanlagen und Straßen, die sich in einem beklagenswerten Zustand befänden.