Bereits im ersten Wahlgang sprechen fast zwei Drittel der Wähler Astrid Loff das Vertrauen aus – vielleicht auch, weil ihr Kraft zur Versöhnung zugetraut wird.

Rems-Murr: Sascha Schmierer (sas)

Schwaikheim. - Die nicht nur in Schwaikheim mit Spannung erwartete Bürgermeisterwahl ist am Sonntag mit einer großen Überraschung zu Ende gegangen. Bereits im ersten Wahlgang erhielt die im Nachbarort Leutenbach lebende Astrid Loff fast 62,5 Prozent der abgegebenen Stimmen – ein Ergebnis, mit dem auch die promovierte Wirtschaftswissenschaftlerin (parteilos) nach eigener Aussage nicht gerechnet hatte.

 

„Ich war völlig auf den Termin für den zweiten Wahlgang fixiert und habe auch für die nächsten zwei Wochen noch eine Reihe von Gesprächen mit Schwaikheimer Bürgern und Vereinen vereinbart. Dass es jetzt auf Anhieb geklappt hat, macht mich überglücklich“, sagte sie in einer ersten Reaktion.

An den Sieg im ersten Wahlgang hatte selbst Astrid Loff nicht geglaubt

Mit dem Sieg im ersten Wahlgang wird die 50-jährige Mutter von zwei erwachsenen Söhnen die Nachfolgerin des Mitte Juni verstorbenen Bürgermeisters Gerhard Häuser. Er hatte den Chefposten im Rathaus der 9600 Einwohner zählenden Gemeinde mehr als 27 Jahre innegehabt. Dass Astrid Loff auch ohne eine Karriere in der Kommunalverwaltung von einer so deutlichen Mehrheit zugetraut wird, in seine Fußstapfen treten zu können, ist die eigentliche Überraschung. Mit Blick auf ein aus immerhin sieben Bewerbern bestehendes Kandidatenfeld hatten Beobachter eher ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem bisher in Illingen im Enzkreis tätigen Harald Eiberger erwartet.

Doch der vermeintliche Hauptkonkurrent, am bisherigen Dienstort vor wenigen Monaten knapp aus dem Amt gewählt, stieß in der Schwaikheimer Bürgerschaft auf keine große Sympathie. Gerade mal 20,5 Prozent der Wählerinnen und Wähler sprachen sich am Sonntag für die „grundsolide Fachkompetenz“ des 49 Jahre alten Verwaltungswirts aus. Noch schlechter schnitten die übrigen Bewerber ab: Der in Schwaikheim als Handballspieler bekannte Student Marvin Roth (27) durfte am Sonntag mit 6,6 Prozent wenigstens einen kleinen Achtungserfolg feiern. Für die in Schorndorf im Streit aus der Grünen-Fraktion ausgeschiedene Andrea Sieber hat es sich nicht gelohnt, eigene Plakate drucken zu lassen: Gerade mal 231 Schwaikheimer – 5,7 Prozent – wollten die 44-Jährige als neue Bürgermeisterin sehen. In der Statistik fast nicht mehr auf taucht das Schluss-Trio aus dem Gymnasiallehrer Chris-Robert Berendt mit drei Prozent und den als Dauerbewerber geltenden Eugen Roth und Samuel Speitelsbach.

Astrid Loff: Die Schwaikheimer haben mich als Mensch kennengelernt

„Die strahlende Wahlsiegerin führte ihren überraschend deutlichen Erfolg am Sonntag auf die Bemühungen zurück, mit Bürgern in Kontakt zu kommen. „Die Schwaikheimer haben mich inzwischen als Mensch kennengelernt“, berichtete sie von mehr als 200 persönlichen Gesprächen in den vergangenen Wochen. Eine andere Lesart könnte sein, dass sich die Bürgerschaft danach sehnt, dass im Rathaus der Blick wieder nach vorn gerichtet wird – und der Ort nach dem Suizid von Gerhard Häuser wieder zur Ruhe kommt.

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Die Kraft zur Versöhnung traute eine deutliche Mehrheit der Hochschuldozentin Astrid Loff eher zu als dem Verwaltungsprofi Harald Eiberger, der sich bereits heftigem Gegenwind ausgesetzt sah. Auf Facebook-Seiten wurde munter spekuliert, dass der 49-jährige als Rathauschef so seine Probleme im zwischenmenschlichen Umgang habe, auch die in Illingen gegen ihn eingegangenen Dienstaufsichtsbeschwerden waren ein viel diskutiertes Thema.

Der Wahlkampf hätte sich auch zur Schlammschlacht auswachsen können

„Der Eiberger hat Mitarbeitern sogar verboten, mit dem Landrat zu reden“, ließ am Sonntag Schwaikheims Grünen-Rat Wolfgang Kölz die vor dem Rathaus aufs Wahlergebnis wartenden Menschen lautstark wissen – ein Satz, der erahnen lässt, dass der Wahlkampf sich bei einer vertagten Entscheidung auch zur Schlammschlacht hätte auswachsen können.

Der Waiblinger Landrat Richard Sigel hatte den deutlichen Wahlausgang übrigens vorausgeahnt – und die Auszählung offenbar minutiös verfolgt. Bereits kurz vor 19 Uhr stand er in Schwaikheim mit einem Weinpräsent vor dem Rathaus, um der neuen Bürgermeisterin zu gratulieren. Ausgezählt waren da gerade mal vier von sieben Wahlbezirken – dass sich am deutlichen Erfolg von Astrid Loff nichts mehr ändern wird, war allerdings schon zu diesem Zeitpunkt absehbar.

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