Nach dem Verlust des Arbeitsplatzes wegen Cannabiskonsums dürfen Jobcenter nicht generell gezahlte Hartz-IV-Leistungen wegen „sozialwidrigen Verhaltens“ später zurückfordern, entschied das Bundessozialgericht.

Kassel - Jobcenter dürfen nach dem Verlust des Arbeitsplatzes wegen Cannabiskonsums nicht generell gezahlte Hartz-IV-Leistungen wegen „sozialwidrigen Verhaltens“ später zurückfordern. Nur wenn die Hilfebedürftigkeit gezielt von dem Arbeitslosen herbeigeführt wurde, kann die Behörde einen Erstattungsanspruch geltend machen, entschied das Bundessozialgericht (BSG) in einem am Freitag in Kassel schriftlich veröffentlichten Urteil im Fall eines früheren Taxifahrers. (AZ: B 14 AS 43/19 R)

 

Im Streitfall hatte ein Fahrgast 2014 die Polizei darüber informiert, dass der Taxifahrer unter Drogeneinfluss Auto fährt. Bei dem Mann wurden schließlich 2,3 Nanogramm THC je Milliliter Blut gemessen. Ab einer Konzentration von 1,0 gehen die Behörden von einer Beeinträchtigung der Fahrsicherheit aus.

Der Taxifahrer verlor nicht nur seinen Führerschein, sondern auch seine Arbeitsstelle. Das Jobcenter kürzte daraufhin die Hartz-IV-Leistungen für drei Monate um 30 Prozent.

Nur ein durchschnittlicher Sanktionsfall

Später legte die Behörde nach und forderte alle geleisteten Hartz-IV-Zahlungen sowie die aufgebrachten Sozialversicherungsleistungen wegen „sozialwidrigen Verhaltens“ zurück, insgesamt 3.148 Euro. Der Kläger habe seine Hilfebedürftigkeit mit dem Cannabiskonsum grob fahrlässig herbeigeführt, lautete die Begründung.

Das Landessozialgericht in Celle urteilte, dass der Kläger sich zwar sozialwidrig mit dem Cannabiskonsum und dem damit einhergehenden Jobverlust verhalten habe. Es habe hier aber nur ein durchschnittlicher Sanktionsfall vorgelegen. Eine Rückzahlung von Hartz-IV-Leistungen sei aber nur in eng begrenzten Ausnahmen angemessen.

Das BSG verwies den Fall an die Vorinstanz zurück. In dem Fall müsse nun geprüft werden, ob dem Taxifahrer bewusst war, dass er wegen Cannabiskonsums seinen Job verlieren kann und er dann auf Hartz IV angewiesen ist. Zuungunsten falle für den Kläger aus, dass bei ihm ein sehr hoher Cannabiskonsum festgestellt wurde. Andererseits habe er die Droge bereits einen Tag zuvor in seiner Freizeit eingenommen. Dies spreche dafür, dass er nicht darauf abzielte, seinen Führerschein und seinen Job zu verlieren, um dann Hartz IV erhalten zu können.