Das Oberlandesgericht Stuttgart kassiert im Rechtsstreit von Aktionären gegen die Porsche -Holding das Urteil des Landgerichts. Demnach muss Bosch vertrauliche elektronische Dokumente nun doch nicht herausgeben.

Stuttgart - Der Autozulieferer Bosch muss in einem Rechtsstreit von Aktionären gegen die Porsche Holding vertrauliche elektronische Dokumente nun doch nicht herausgeben. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart entschieden und damit eine Entscheidung des Stuttgarter Landgerichts (LG) vom Juli 2018 kassiert. Eine Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof hat der erste Zivilsenat des OLG nicht zugelassen. Die Rechtssache habe keine grundsätzliche Bedeutung, entschied der Vorsitzende Richter Wolfgang Reder. „Die getroffene Entscheidung beruht lediglich auf einer Würdigung der Umstände des vorliegenden Einzelfalls“, so das OLG in einer Mitteilung. Das Landgericht hatte im Juli in einem Zwischenurteil Bosch noch zur Vorlegung der Urkunden verpflichtet. Es handelt sich um ein Zwischenurteil, weil Bosch nicht im Mittelpunkt des eigentlichen Verfahrens steht.

 

Öffentlichkeit zu spät informiert?

In dem eigentlichen Rechtsstreit geht es darum, ob Porsche als Mehrheitsaktionär von Volkswagen die Öffentlichkeit zu spät über die massenhafte und jahrelange Manipulation der Abgasreinigung von Dieselautos informiert hat. Die Kläger – unter anderem zwei internationale Investmentfonds mit Sitz in New York – wollen mit den Bosch-Unterlagen beweisen, dass der damalige VW-Chef Martin Winterkorn, der zugleich Chef der Porsche Holding war, schon lange vor der offiziellen Bekanntgabe der Manipulationen Bescheid wusste. Damit hätte auch der Mehrheitsaktionär, so argumentierten die Kläger, die Öffentlichkeit früher informieren müssen. Weil dies nicht erfolgt ist, sollen Anleger Kursverluste erlitten haben, für die sie nun Schadenersatz fordern. Dieses Verfahren ist weiter vor dem Landgericht anhängig.

Bosche hatte Entscheidung des Landgerichts angefochten

Bosch weigert sich die Unterlagen herauszugeben und hatte die Entscheidung des Landgerichts im Juli sofort angefochten. Der Zulieferer hatte sich auf sein Recht berufen, unter anderem weil „hierdurch vermögensrechtliche Schäden aufgrund einer zivilrechtlichen Inanspruchnahme zu befürchten“ seien, heißt es seitens des OLG. Zwar könne ein Gericht anordnen, dass eine Partei, die nicht unmittelbar am Ausgangsprozess beteiligt ist, die in ihrem Besitz befindlichen Urkunden und sonstigen Unterlagen vorlegen muss, schreibt das OLG jetzt. „Allerdings seien Dritte zur Vorlegung nicht verpflichtet, soweit ihnen diese nicht zumutbar sei oder sie zur Zeugnisverweigerung berechtigt seien“, steht in der Mitteilung.

Bereits Schadenersatzansprüche bejaht

Dem Dritten sei ein Recht zur Verweigerung der verlangten Unterlagen dann zuzubilligen, wenn ein „eigener Schaden drohe“. Das OLG schreibt: „Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei nicht anzunehmen“, dass durch die Vorlage der in Rede stehenden Unterlagen überhaupt kein Schadenersatzanspruch gegen Bosch möglich sei. „Im Gegenteil sei davon auszugehen, dass eine solche Gefahr bestehe“, so das OLG. Mehrere Landgerichte hätten bereits Schadenersatzansprüche von Autokäufern gegen VW, etwa wegen manipulierter Abgassoftware beim Diesel, bejaht.