Bei dem Ingenieurdienstleister aus Ehningen (Kreis Böblingen) ist der Gewinn im vergangenen Geschäftsjahr eingebrochen. Wie nun Vorstandschef Dietmar Bichler gegensteuert.

Wirtschaft: Imelda Flaig (imf)

Stuttgart - Der Technologiewandel in der Automobilindustrie lässt auch den Ingenieurdienstleister Bertrandt nicht kalt. Hinzu kommen externe Einflüsse, die das Unternehmen belastet haben. Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2016/17 (30. September) blieb der Umsatz mit 992, 3 Millionen Euro (Vorjahr 992 Millionen Euro) nahezu unverändert, wobei das operative Ergebnis um mehr als 32 Prozent auf 62,9 Millionen Euro gesunken ist.

 

Verzögerungen bei Projektvergaben

Diverse Themenstellungen wie die Abgaskrise und die Konsolidierungen im Kundenumfeld hätten das Geschäftsjahr beeinflusst, sagte Vorstandschef Dietmar Bichler in Stuttgart. „Infolgedessen kam es teilweise zu Verzögerungen in der Projektvergabe und das wettbewerbsintensive Marktumfeld führte zu weiter steigendem Preisdruck.“ Das hat Bertrandt Umsatz gekostet.

Das Unternehmen aus Ehningen im Kreis Böblingen unterstützt die großen Autohersteller in Europa bei der Entwicklung von Antriebstechnologien, Karosserien und Elektronik. Rund 90 Prozent des gesamten Bertrandt-Umsatzes entfallen auf die Automobilindustrie, weitere fünf Prozent auf die Luftfahrt, der Rest auf Medizintechnik, Energie- und Elektrotechnik sowie den Maschinenbau.

Die Megatrends Elektromobilität, Vernetzung, automatisiertes Fahren und Internet der Dinge verändern laut Bichler auch die Entwicklung. „Wir bearbeiten komplexere Projekte, die Teams werden interdisziplinärer“, erklärte er. Die Eintrittshürden seien damit höher – vor allem für kleinere Firmen. „Doch wir sind gut unterwegs und haben durch den Kapitalmarkt das finanzielle Rückgrat“, sagte Bichler. Er sieht für Bertrandt als Entwicklungspartner viele Chancen. Stichwort „alternative Antriebe“: Allein für deren Entwicklung – vor allem die Elektromobilität – wolle die deutsche Autoindustrie bis 2020 etwa 40 Milliarden Euro investieren. Bis dahin dürfte sich das Modellangebot von aktuell 30 auf rund 100 mehr als verdreifacht haben. Bertrandt will deshalb bestehende Kompetenzen weiter ausbauen, sich verstärkt innovative Themen erschließen und entsprechend in übergreifendes Wissen und Infrastruktur investieren. In Sachen Elektromobilität hat der Mittelständler unter anderem in ein Batterie-Testzentrum und ein Akustik-Zentrum investiert.

Zusammenarbeit mit Microsoft

Auch arbeitet man etwa mit Microsoft zusammen, wenn es darum geht, Fahrzeugdaten und Straßenbeschaffenheiten über Sensoren aufzuzeichnen und in der Cloud, sprich der Datenwolke, zu speichern und auszuwerten. Aus den Ergebnissen werden Handlungsempfehlungen abgeleitet und ans Auto übertragen. Das soll das Autofahren komfortabler und sicherer machen.

Darüber hinaus baut Bertrandt seine Auslandsaktivitäten aus – unter anderem wurden die Standorte in den USA, Rumänien und Frankreich erweitert. Die Tochtergesellschaften im Ausland entwickelten sich insgesamt positiv und legten beim Umsatz um 24,2 Prozent auf 134,3 Millionen Euro zu.

Bichler sieht das Unternehmen auf Kurs und spricht von „temporären Einflüssen, die das vergangene Jahr geprägt haben“. Die sollen keine Auswirkungen auf die Dividende haben, die unverändert 2,50 Euro je Aktie betragen soll. Die Aktionäre wurden durch den Gewinnrückgang allerdings verschreckt. Die Bertrandt-Aktie ging am Donnerstag auf Talfahrt und zählte zu den Verlierern im Kleinwerte-Index S-Dax.

Operatives Ergebnis soll mindestens acht Millionen höher ausfallen

Für das laufende Geschäftsjahr gab sich Bichler zuversichtlich – zumal etliche Kunden ihr Budget für Forschung und Entwicklung an die neuen technologischen Herausforderungen angepasst hätten und verstärkt investieren wollten. „Wir sind hier gut aufgestellt und übergreifend vernetzt“, so der Bertrandt-Chef. Er geht von einem Wachstum der Gesamtleistung zwischen 20 und 50 Millionen Euro aus, wobei das operative Ergebnis um mindestens 8,1 Millionen Euro steigen soll. Auch die Investitionen sollen mit 45 bis 50 Millionen Euro höher ausfallen als im letzten Geschäftsjahr mit gut 38 Millionen Euro.

Die Zahl der Mitarbeiter, die um knapp 60 auf weltweit 12 970 gestiegen ist, soll erst wieder mitwachsen, wenn auch das entsprechende Umsatzwachstum kommt. Dabei denkt Bichler unter anderem auch an Software-Mitarbeiter. Da gebe es beispielsweise in Rumänien gute Hochschulen, um an gut qualifizierte Leute zu kommen.