Noch im vergangenen Jahr lag der Weissacher Haushalt im Minus. Für 2023 sieht alles anders aus – dank des ansässigen Autoherstellers.

Einst sprudelten die Gewerbesteuereinnahmen in Weissach – Goldesel war dort seit je der Autohersteller Porsche mit einem großen Entwicklungszentrum. 222 Millionen Euro Gewerbesteuern waren es im Rekordjahr 2009. Spätestens seit 2012, als Porsche von VW geschluckt wurde, versiegte diese Geldquelle aber zunehmend. Sogar Gewerbesteuern zurückzahlen musste die Gemeinde, weil Gewerbesteuerabrechnungen nach Steuergesetz noch Jahre später geändert werden können. Die Furcht eventueller Rückzahlungen und ein deutlicher Rückgang in den Gewerbesteuereinnahmen hingen in den vergangenen Jahren drohend über der Strudelbachgemeinde. Dass die goldenen Jahre endgültig vorbei seien, proklamierte Ex-Bürgermeister Daniel Töpfer bei Einbringung des Haushalts im vergangenen Jahr.

 

91 Millionen Euro im Plus

Der Spieß scheint sich jetzt allerdings umgedreht zu haben. Lag das Ergebnis des Weissacher Haushalts für 2022 noch bei einem Minus von rund 1,7 Millionen Euro, prangt auf dem neuen Haushaltsplan nun eine Zahl, bei der man sich erst einmal die Augen reiben muss: Ein Plus von rund 91 Millionen Euro prognostiziert dieser für das Haushaltsjahr 2023. Geschuldet ist dieser massive Sprung besonders einem Anstieg der Gewerbesteuereinnahmen, die für 2023 bei 110 Millionen Euro liegen sollen. Welcher Betrieb das Geld in die Klasse treibt, darf Weissachs neuer Kämmerer Johannes Schaber wegen des Steuergeheimnisses natürlich nicht sagen – dass ein größter Teil des Batzens von Porsche kommt, dürfte allerdings naheliegen.

Die Gemeinde Weissach ist mit diesem Geldsegen nicht alleine: Auch die Bilanz der Stadt Stuttgart wurde jüngst aufpoliert, dort hat Porsche seinen größten Sitz. Zurückzuführen dürfte der Sprung in den Gewerbesteuerzahlungen besonders auf den Börsengang der AG im vergangenen Jahr sein. Denn mit Ende des Jahres lief auch der Gewinn-und-Verlust-Abführungsvertrag mit VW aus. Gewerbesteuer wird bei Konzernen mit mehreren Standorten nach Anzahl und Lohnsumme der Mitarbeiter aufgeschlüsselt. Mit dem Gewinnabführungsvertrag unter VW flossen die Renditen von Porsche in den vergangenen Jahre in den großen VW-Topf und wurden damit nicht nur an den Porsche-Standorten versteuert.

Gleichzeitig schreibt Porsche gute Zahlen: Im vergangenen Jahr konnte der Konzern seinen Gewinn erneut erhöhen – auf rund fünf Milliarden Euro. Die Marge von aktuell 18 Prozent will man langfristig sogar auf 20 Prozent erhöhen. Weissach ist mit rund 6500 Mitarbeitern der zweitgrößte Standort der Firma hinter Zuffenhausen.

Schwankungen in den Gewerbesteuereinnahmen bekommen Kommunen wie Weissach, die von einem großen Steuerzahler abhängig sind, also besonders zu spüren – sowohl die Hochphasen als auch die Einbrüche. So hatte etwa die Stadt Sindelfingen vor einigen Jahren 62 Millionen Euro zurückzahlen müssen, nachdem die dort ansässige Daimler AG Aktienverluste nachträglich steuerlich geltend gemacht hatte. Andersherum verhielt es sich jüngst in Mainz: Dort erreichte man im Jahr 2021 einen überraschenden Haushaltsüberschuss von über einer Milliarde Euro. In Mainz sitzt der Impfstoffhersteller Biontech.

Vorsichtige Freude in Weissach

Gefreut wird sich in Weissach über die frohe Botschaft zunächst einmal mit Vorsicht: „Die Gewerbesteuer richtet sich nach dem Gewinn, und Gewinne schwanken“, so Kämmerer Schaber. „Es kann sein, dass wir zurückzahlen müssen.“ Ein gewisses Risiko ließe sich nicht umgehen. Wie es in den kommenden Jahren aussieht? „Das ist ein Stück weit Glaskugel“, sagt Schaber. „Gewerbesteuern sind schwer zu prognostizieren.“

Über den „unerwarteten Geldsegen“ freue man sich natürlich, kommentierte Rolf Epple (Bürgerliste) anlässlich der Haushaltseinbringung in der jüngsten Gemeinderatssitzung, mahnte aber auch zum weiterhin sicheren Haushalten. „Ich freue mich, dass wir tolle Steuereinnahmen haben“, schloss sich Detlef Bausch, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler, an. „Wir müssen verantwortungsvoll damit umgehen.“ Man habe einige dicke Bretter zu bohren – im kommenden Jahr und darüber hinaus stehen in Weissach Großprojekte wie der zweite Bauabschnitt der Kläranlage, der Umbau des Bauhofs und, perspektivisch, die Ortsmitte und Maßnahmen zum Starkregen- und Hochwasserschutz an. „Tatsächlich sieht es doch ganz rosig aus“, kommentierte Bürgermeister Jens Millow das große Plus im Haushaltsplan, ergänzte aber auch: „Aus großer Macht erfolgt große Verantwortung.“ In der Vergangenheit hatte man die großen Summen aus den Steuereinnahmen oft in teure Projekte investiert, die nun unterhalten werden müssen.

Zwar bleiben die Haushaltsprognosen auch für die Jahre nach 2023 im positiven Bereich. Im kommenden Jahr wird die Gemeinde aber voraussichtlich keine Schlüsselzuweisungen vom Land mehr erhalten, ab 2025 rechnet man sogar mit einer deutlich höheren Kreisumlage, die dann zu zahlen ist.