Bäume im Besigheimer Enzpark sollten wegen eines Radwegs gefällt werden. Nach einer Demonstration mit rund 300 Teilnehmern rudert der Bürgermeister zurück.
Florian Bargmann ist zwar erst seit April im Amt, doch dem Besigheimer Bürgermeister bläst schon erstmals rauer Wind entgegen. Bargmann segnete mit dem Gemeinderat eine Planung für den Enzpark ab, die es in sich hatte: Für einen Radweg, der kerzengerade durch den Park laufen sollte, wollten die Planer neun stattliche Bäume fällen lassen. Nach dem Beschluss vom 30. Juli reagierten empörte Bürger allerdings und taten ihr Missfallen auf einer Demo mit etwa 300 Leuten kund. Jetzt rudert Bargmann per Pressemitteilung zurück – und erklärt den Baumerhalt zur Chefsache.
Im Landkreis Ludwigsburg ist das nicht der erste Fall in diesem Sommer, bei dem sich Bürger vehement für den Erhalt von Bäumen einsetzen. Aufgrund des öffentlichen Drucks reagierte kürzlich die VR-Bank Ludwigsburg und zog ihr Baugesuch in der Marbacher Stadtmitte, wie sie angab, aus „wirtschaftlichen Gründen“ zurück. Für die Stadt Marbach platzte damit der Traum, für die Landesgartenschau 2033 eine Wohlfühlzone und zugleich Parkplätze zu schaffen. Aber auch 25 Wohnungen bleiben ungebaut.
Welche Dynamik der Widerstand gegen das geplante Fällen von Stadtbäumen annehmen kann, zeigt nun erneut das Beispiel Besigheim. Verena Bierer, 80-jährige ehemalige Biologie-Lehrerin an der Realschule im Ort, gelang es, mit einer Mitstreiterin die rund 300 Menschen für die Demonstration am 16. August zu mobilisieren. „Erst waren wir 20, dann 40 bei unseren Treffen – als dann die örtliche Zeitung hier berichtete, war es der Bevölkerung bewusst.“ An der Demo nahmen auch Bürger teil, die nicht zum Kreis organisierter Naturschützer gehörten.
Zu den Gründen, weshalb sich so viele Menschen dem Protest anschlossen, zählt offenbar auch die Vorgeschichte des Enzparks. Das Gelände ist in einen nördlichen und einen südlichen Bereich unterteilt. „Der südliche ist von den Planern schon verwüstet worden“, sagt Verena Bierer. Auch dort seien Bäume abgeholzt worden und durch fruchtlose Kirschbäume ersetzt worden, die keinen Schatten mehr spendeten. „Das Versprechen, dass die Enz zugänglich werde, ist nicht eingehalten worden.“ Stattdessen sei in der Hochwasserschutzzone ein Parkhaus gebaut worden, das kaum genutzt werde.
Weil bisher nur Florian Bargmann, nicht aber die Ratsrunde, vom Beschluss zurücktrat, bleiben die Gegner argwöhnisch. „Der Gemeinderat ist sehr konservativ ausgerichtet“, sagt Bierer, die hofft, dass die Stadträte die neun Bäume endgültig stehen lassen. Denn neben einer Linde und einem Ahornbaum gebe es sieben Kastanien, die zwar von der Miniermotte befallen, aber trotzdem schattenspendend und erhaltenswert seien. Der Bürgermeister habe zur Bedingung gemacht, dass die Bäume gesund seien, die erhalten werden sollen. Verena Bierer wittert eine Hintertüre, mit der die rigide Planung mithilfe von Baumgutachtern vielleicht doch noch durchgesetzt werden soll. „Aber dann müsste man jede Kastanie fällen.“ Eine Demo am Dienstag, 10. September, um 17 Uhr am Rathaus vor der nächsten Gemeinderatssitzung soll der Forderung Nachdruck verleihen.
Der Verlauf des Radwegs soll geändert werden
Der parteilose Bürgermeister hatte in der Presseerklärung aus seinem Urlaub heraus die zunehmende Bedeutung des Klimawandels angeführt. „Planer müssen vielleicht wieder lernen, behutsam mit Vorhandenem umzugehen, anstatt das Baufeld zu räumen und von vorne anzufangen, als ob es die vergangenen Jahrzehnte und die vielen persönlichen Erlebnisse der Menschen nicht gegeben hätte.“ Er werde dem Gemeinderat vorschlagen, den Verlauf des Radwegs zu ändern, um die Bäume zu erhalten.
Eine Änderung sei leicht möglich, findet Thomas Pulli, dessen Antrag auf Erhalt der Bäume für die Öko- Liste Bürger, Mensch und Umwelt (BMU) auch mit Bargmanns Stimme im Juli abgeschmettert worden war. „Der Beschluss war am Ende der Sitzung“, berichtet Pulli, der darin auch einen Rundumschlag gegen grüne Politik überhaupt erkennt. „Wir müssen künftig mehr aufeinander hören.“
Der CDU-Chef hätte den Beschluss verschoben
Den Beschluss verschieben – das wäre aus Sicht von CDU-Fraktionschef Ulrich Gerstetter die Alternative gewesen. Der Bürgermeister sei mit dem Enzpark bereits in einer Sitzung am 13. Mai befasst gewesen. Und die Planungen des Kölner Büros Club L 94 lägen schon viel länger vor. Neu überplant werden müssten Flächen für die Boulebahn, den Biergarten, den WC-Wagen und Radabstellplätze beim Radsportvereinsheim.
Was entsteht im Enzpark?
Südpark
Die Stadt Besigheim arbeitet schon länger daran, die Grünflächen an der Enz aufzuhübschen. Die Arbeiten am Südpark sind abgeschlossen. Der Spielplatz wird laut Stadtverwaltung sehr gut angenommen.
Nordpark
Der nördliche Teil wird geplant: am Radweg ist ein Biergarten vorgesehen. Die Kosten für die Stadt liegen im Teilprojekt nach Schätzungen bei mehr als 275 000 Euro bei Gesamtkosten von drei Millionen Euro mit Förderung durch die Region Stuttgart.