Die Londoner Soul-Band Ephemerals stellte am Donnerstagabend ihr neues Album "Chasin Ghosts“ im ausverkauften Zwölfzehn vor und brachte den Kessel zum Kochen. Unsere Autorin berichtet von sweet Soul-Music und zügelloser Gruppenekstase.

Stadtkind: Tanja Simoncev (tan)

Stuttgart - Bereits am Mittwoch sorgte die Londoner Band Ephemerals mit ihrem Unplugged-Auftritt beim Plattenladen Second Hand Records für Begeisterung, doch am Donnerstagabend im Zwölzehn brannte sprichwörtlich die Hütte. Eine dermaßen ausgelassene Stimmung waberte von 21 Uhr an durch den rotstichigen Club, mehr als gut gelaunte Gäste drängten sich vor die Bühne, Ekstase machte sich breit - eine Stunde lang schien "Soultrain"* in der Paulinenstr. 45 ein Revival zu erleben.

 

Ja, Ephemerals setzten in puncto musikalischer Unterhaltung neue Maßstäbe. Selten sieht man Schwaben so ausgelassen ihre Hüften und Arme kreisen und schwingen, fast nie rasten sie krasser aus - wild schreiend und fuchtelnd. Doch wer sind diese sieben coolen Burschen, die seit Stuttgart 21 heftigste Emotionen im schwäbischen Publikum hervorrufen? 

All in the Mix

Man darf sie ohne Weiteres als eine wilde Mischung an Vollblutmusikern bezeichnen. Ephemerals sind Hillman Mondegreen, ein Londoner Gitarrist und Soul-Fanatiker, der im Jahr 2013 unter dem Ephemerals-Banner ein neues Projekt an den Start brachte. Seitdem gibt er gemeinsam mit dem Sänger Wolfgang Valbrun, dem Trompeter Damian McLean, den beiden Saxofonisten Charlotte Ostafew und Freddie Delord, dem Piano-Verantwortlichen James Graham sowie dem Bassisten Rob Jones und dem Schlagzeuger Jimi Needles auf den Bühnen dieser Welt Gas, als ob es kein Morgen gäbe.

Kein Wunder, dass dieser Mix an Musiktalenten vor drei Jahren ohne viel Anlaufzeit die ersten Songs geschrieben und Anfang September 2014 bereits das erste Album "Nothin Is Easy" released hatte. Dass die Band-Kombo schon rein optisch und auch genremäßig an Charles Bradley und Band erinnert, tut dem Ganzen keinen Abbruch. So oder so wird Soul-Musik vom Allerfeinsten geboten - was kann man da noch mehr wollen?

Zügellose Gruppenekstase

Und jetzt, knapp zwei Jahre später, stehen Ephemerals im Zwölfzehn auf der Bühne und forcieren mit der Präsentation ihres zweiten Albums "Chasin Ghosts" vor allem eines: zügellose Gruppenekstase. Es ist schon verrückt, mitanzusehen, wie selbst der scheinbar verklemmteste Wutbürger seine Hemmungen verliert und sich voll und ganz dieser sweet Soul-Music hingibt.

Und es ist in der Tat Musik, die echte Gefühle auslöst, deren Beats erst in die Beine und dann direkt, mitten ins Herz geht. Das liegt an den eingängigen Melodien, die einen nicht still stehen lassen, selbst bei Songs wie "You'll never see me cry" muss man sich bewegen, dabei würde man doch gerade hier eher melancholische Töne erwarten. Und trotzdem gibt es die etwas wehmütigeren Blues-Klänge, etwa bei den Songs "Is this about you and me" und "God's gonna make you laugh", und man tut es Frontmann Wolfgang gleich und schließt die Augen, um das Ganze noch intensiver in sich aufzunehmen.

Der leidenschaftliche Sänger, der aufrgund des schweißtreibenden Akts sein Oberteil erst wechselt um am Ende Oberkörper frei dazustehen, schafft es übrigens von der ersten Minute an, alles aus sich herauszuholen - er singt und tanzt wie ein Besessener und feuert das Publikum mehrmals an, es ihm gleich zu tun. Als er dann gegen 22 Uhr mit den Worten: "It's a pleasure, it really is a pleasure and this is our last Song" das Ende des Band-Gigs einstimmt, gibt es kein Halten mehr im Publikum und man hört die Gäste sagen: "Nein, das war viel zu kurz, wir wollen mehr." Ein besseres Kompliment kann es für eine Band nicht geben. 


* tolle Soul-Sendung aus dem US-TV des 20. Jahrhunderts, bitte Google oder diesen Link bemühen