Die zerstrittenen Fritz Keller und Friedrich Curtius raufen sich zusammen – ob der Präsident und der Generalsekretär des DFB von nun an wirklich an einem Strang ziehen, ist allerdings höchst zweifelhaft.

Sport: Marco Seliger (sem)

Frankfurt/Stuttgart - Der innerste Kreis des Deutschen Fußball-Bunds (DFB) tagte stundenlang bei der Präsidiumssitzung, die viele Beobachter vorher als Showdown bezeichnet hatten – und ging dann am Freitagabend ohne Eskalation auseinander. Zumindest offiziell. „Unverzüglich“ und „letztmalig“ wollen der Verbandspräsident Fritz Keller und der angezählte Generalsekretär Friedrich Curtius es nun versuchen, den Verband gemeinsam zu führen. In einer knappen Pressemitteilung war von einer „intensiven und konstruktiven Aussprache im DFB-Präsidium“ die Rede. Es steht also Unentschieden im Machtkampf. Ob der DFB und damit der deutsche Fußball auf Sicht nach dem Frieden von Frankfurt nun der Gewinner sein wird, das wird sich bald zeigen.

 

Wegen des seit Monaten schwelenden Konflikts der beiden Top-Funktionäre waren Rücktritte nach der Sitzung in der Verbandszentrale ja nicht ausgeschlossen worden. Das dürfte auch weiterhin gelten.

Keller (63) und Curtius (44) jedenfalls einigten sich laut Mitteilung darauf, „Regeln und Rollen für eine künftige gemeinsame professionelle Zusammenarbeit zu diskutieren und festzulegen.“ Die weiteren Präsidiumsmitglieder unterstützten dies „ausdrücklich und einstimmig“.

Ein Richtungsstreit zweier Lager

Die „internen Dissonanzen“ zwischen dem ehrenamtlichen und dem hauptamtlichen Chef hatte der DFB schon im Oktober eingeräumt. Über Wochen hatte sich ein Richtungsstreit zweier Lager im Präsidium entwickelt. Keller wird von den Profi-Vertretern in der Deutschen Fußball Liga (DFL) gestützt, Curtius kann in der DFB-Zentrale auf seine Hausmacht um Vizepräsident Rainer Koch und Schatzmeister Stephan Osnabrügge und einige Amateurvertreter bauen.

Klar ist: Es wird beim DFB in den nächsten Tagen und Wochen weiter viel aufzuarbeiten geben, denn die Fronten zwischen Keller und Curtius hatten sich in den vergangenen Tagen nochmals verhärtet. Am Donnerstag hatte die DFL dem seit 2016 als Generalsekretär verantwortlichen Curtius in einem Schreiben an Keller das Vertrauen entzogen, was sogleich an mehrere Medien durchgesteckt wurde. Dass immer wieder Interna nach außen getragen wurden, ist einer der zentralen Punkte des Machtkampfs zwischen Keller und Curtius.

Durchgesickerte Interna

Der Generalsekretär solle über Dritte Informationen an Medien übermittelt haben, „die darauf gerichtet waren, das Ansehen der DFL zu beschädigen“, zitierten die Bild-Zeitung und die Süddeutsche Zeitung aus einem DFL-Schreiben. Aber auch Kellers Standing war durch immer wieder durchgesickerte Interna massiv beschädigt worden.

Dabei hatte der DFB, der sich zudem mit belastenden Steuerverfahren auseinandersetzen muss, im vergangenen Herbst angekündigt, dass der Konflikt Keller/Curtius „gemeinsam und vertrauensvoll“ im Januar ausgeräumt werden solle. Ob das nun gelungen ist, werden die kommenden Wochen zeigen. Bei den Auseinandersetzungen ging es auch um den Untersuchungsbericht der externen Ermittler des Beratungsunternehmens Esecon zum Sommermärchen-Skandal von 2006. Ende Januar soll es einen Bericht hierzu geben, inklusive neuer Erkenntnisse zu den Ungereimtheiten rund um die Vergabe der WM-Endrunde 2006.

Verlorenes Vertrauen

Von „unfassbar vielen Indiskretionen“ schrieb Mitte Dezember schon Peter Peters im „Kicker“. Der Spitzenfunktionär ist Vizepräsident Profifußball des DFB und DFL-Aufsichtsratschef. Er steht als deutscher Kandidat für den Rat des Weltverbandes Fifa fest. Als Reaktion auf das Schreiben von Peters verschickte der DFB eine von sechs Vizepräsidenten mit Rainer Koch an der Spitze und Schatzmeister Stephan Osnabrügge unterzeichnete Rüge. Es solle „nicht in den Medien übereinander, sondern persönlich und miteinander“ gesprochen werden. Fritz Keller unterschrieb nicht.

Am Freitag kam es nun zum Showdown bei der Präsidiumssitzung, bei der Keller sämtliche Vorwürfe, Behauptungen und Tatsachen auf den Tisch bringen wollte, die zum verlorenen Vertrauen in Curtius geführt hatten. Keller, der sein Amt im September 2019 übernommen hat, soll im Präsidium sogar um grünes Licht für einen internen Untersuchungsausschuss gegen Curtius gekämpft haben. Zahlreiche Mitglieder hatten sich aber schon zuvor dagegen positioniert – und damit gegen Keller. Angeblich habe es sechs Anklagepunkte Kellers gegen Curtius gegeben. Sie reichten nun offenbar nicht aus, um den Präsidenten als Gewinner aus dem Machtkampf hervorgehen zu lassen.