Bei der Erbschaftsteuer findet die Koalition keinen gemeinsamen Nenner, kritisiert StZ-Berlin-Korrespondent Roland Pichler.

Berlin - Wenn es nach der Kanzlerin und dem Finanzminister geht, soll es schnell gehen. Angela Merkel und Wolfgang Schäuble wollen die schwierige Erbschaftsteuerreform noch vor der Sommerpause ins Kabinett bringen. Das Kalkül ist klar: Neun Monate vor der baden-württembergischen Landtagswahl will die Regierung das leidige Thema schnell vom Tisch haben. Dass die Familienunternehmen im Südwesten wegen der Reformpläne schlecht auf die CDU zu sprechen sind, bringt Merkel und Schäuble in eine unangenehme Lage. Die Berliner Steuerpläne verärgern die Stammklientel der Union. Das muss die Partei alarmieren. Schließlich glaubt die Union in der Wirtschaftspolitik fest an einen Grundsatz: Wenn es den Unternehmen gut geht, nutzt dies den Beschäftigten. Die Unzufriedenheit der Unternehmer passt nicht ins Bild.

 

Der hartnäckige Widerstand von CSU-Chef Horst Seehofer lässt nun nicht erwarten, dass die Regierung die Erbschaftsteuerreform schnell auf den Weg bringt. Damit zeichnet sich eine Hängepartie ab. Seehofer bringt Schäuble in die Bredouille. Zur Ehrenrettung des Finanzministers ist zu sagen, dass Schäuble vor allem darauf achtet, die Vorgaben des Verfassungsgerichts zu erfüllen. Das schert Seehofer herzlich wenig. Die Bayern haben so viele Änderungswünsche, dass von Schäubles Reform wenig übrig bleibt. Während aber die CSU die Familienunternehmen schonen will, gehen der SPD kleine Zugeständnisse an die Wirtschaft zu weit. Wie die Koalition dieses Dilemma auflöst, steht in den Sternen. Falsch wäre es, am Entwurf immer weiter nachzubessern. Das ging schon beim letzten Mal schief, denn dies führt nur dazu, dass Karlsruhe später wieder ein Machtwort sprechen muss. Es würde der Sache dienen, wenn die Koalition noch einmal neu nachdächte. Seehofers Einwände sind nicht unbegründet. Schäubles Blaupause ist kompliziert und kaum zu handhaben. Sie ist darauf angelegt, Familienunternehmen zu überfordern. Das Verfassungsgericht hat immer gesagt, dass der Gesetzgeber den volkswirtschaftlichen Nutzen von Familienunternehmen anerkennen darf. Von diesem Leitgedanken ist in Schäubles Modell wenig zu spüren.