Das Qualitätsbewusstsein der Kundschaft hilft den regionalen Anbietern, die sich über den Umsatz nicht beklagen. Trotzdem leiden viele Landwirte unter den Billigpreisen der Discounter.

Klaus Stammel fährt mit seinem Lastwagen auf dem Leonberger Marktplatz vor. Der Mittwochsmarkt neigt sich dem Ende entgegen, Stand abbauen ist angesagt. Stammel betreibt eine Gärtnerei mit Obst und Gemüse im Teilort Höfingen und ist auf vielen Märkten in Leonberg und der Region präsent.

 

Mit dem Geschäft ist er zufrieden, auch mit dem Absatz an Erdbeeren, für die gerade Hochsaison ist. „Rund 700 Kilo pro Woche gehen weg“, schätzt der stadtbekannte Landwirt. „Plus 300 Kilo, die die Kunden auf unserem Gelände selber pflücken. Wir können uns also nicht beklagen.“

Dumpingangebote bei Spargel und Erdbeeren

Das ist nicht überall so. Klaus Stammel weiß von Kollegen, die unter der Konkurrenz der großen Supermarktketten leiden. „Die kaufen ihre Ware billig aus dem Ausland und bieten sie dann zu Preisen an, bei denen wir Selbsterzeuger nicht mithalten können.“

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Eine Tendenz, die nicht nur bei den Erdbeeren zu beobachten ist. Auch beim Spargel, der gerade Hochkonjunktur hat, gibt es Dumpingangebote bei den Discountern. Klaus Stammel und viele seiner Kollegen begegnen Billig-Konkurrenz mit Qualität. Zwar baut er Spargel auf seinen Höfinger Feldern nicht selber an, aber: „Ich habe seit Jahren einen Spargel-Hof in der Pfalz, der 1A-Qualität hat. Den gibt’s bei mir. Meine Kunden wissen das zu schätzen.“

Merklinger Erdbeeren sind häufig ausverkauft

Weitgehende Zufriedenheit herrscht auch beim Landwirtschaftsbetrieb Holzhäuser und Reim, der seit 1984 im Weil der Städter Teilort Merklingen Bioland-Erdbeeren anbaut. „Unsere Erdbeeren sind häufiger ausverkauft als in großen Mengen übrig“, berichtet Ramona Reim, die im Betrieb für die Erdbeeren verantwortlich ist. Die aktuelle Ernte läuft gut, das Wetter spielt mit.

Gerade ist bei Holzhäuser und Reim die Hauptsaison, sowohl beim Selbstpflücken als auch im Hofverkauf gibt es jetzt die aromatischsten Erdbeeren. Noch zwei Wochen dauert diese Hochphase laut Reim an, vorausgesetzt, Hagel und Sturm bleiben aus.

Erntefläche verkleinert

Dass die Landwirte bisher von großen Restmengen verschont geblieben sind, liegt laut Reim an einer stabilen Stammkundschaft – und daran, dass man auch in Merklingen im Laufe der Jahre die Anbauflächen für Erdbeeren verkleinert hat. Damit wollte man sich auf die Zukunft einstellen, sagt Reim. „Die klimatischen Bedingungen werden immer schwieriger.“

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Der Anbau von Bio-Erdbeeren für die Landwirte, die den Erdbeeranbau im Nebenerwerb betreiben, ist zeitaufwendig und stark wetterabhängig. Außerdem würde es immer schwieriger, Arbeitskräfte für die Ernte zu finden. Eine kleinere Anbaufläche soll diesen Entwicklungen entgegenwirken.

In Ditzingen packt die Familie an

Markus Stückel in Ditzingen muss sich diese Personalsorgen nicht machen. Er weiß es zu schätzen, dass auch in der Erdbeersaison die Familie den Betrieb am Laufen hält. Zumal seine Kundschaft zu 90 Prozent aus Selbstpflückern besteht.

Von Ditzingen in Richtung Hirschlanden gelegen, liegen die Herterhöfe. Dort hat Stückel auf rund einem Hektar Erdbeeren gesetzt. An der Größe der Fläche hat sich in den vergangenen fünf bis zehn Jahren nichts geändert, erzählt Stückel. Gewachsen ist die Fläche gleichwohl: Vor 40 Jahren hatte alles mit einem kleinen Stück Land begonnen.

Stammkundschaft hält das Geschäft am Laufen

Stückel hat eine große Stammkundschaft. Nicht nur von sich aus, sondern auch von den Kunden bekräftigt, packte er die Umstellung auf biologische Landwirtschaft an. Was vor zwei Jahren begann, ist nun abgeschlossen: Seit diesem Jahr darf Stückel seine Früchte Bio-Erdbeeren nennen.

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Irgendwann hatte bei ihm das Umdenken begonnen, erzählt Stückel. Er hatte gesehen, dass die Pflanzen zwar resistenter wurden, gleichzeitig aber eben immer mehr Pflanzenschutz erforderlich machten. Erwachsene wie Kinder sind bei den Stückels gleichermaßen Gäste auf dem Feld. Wenn sich Familien anmelden, zeigt Stückel, wie die Erdbeere entsteht – und was zu tun ist, damit aus der Blüte die reife Frucht wird.

Bauern unter Druck

Preisverfall
 Die Anbauer von Spargel- und Erdbeeren geraten nach Angaben des Deutschen Bauernverbandes durch umfangreiche Importe der Lebensmittelketten und eine spürbare Kaufzurückhaltung unter Druck. „Größere Mengen billiger Importware bei Erdbeeren und Spargel drücken die Preise deutlich nach unten. Bei diesen Dumpingpreisen können unsere Bauern schlicht nicht mehr mithalten“, sagte Bauernpräsident Joachim Rukwied der Deutschen Presseagentur. In Nordrhein-Westfalen haben Landwirte teilweise ihre Ernte aus Protest vernichtet, weil die Preise derart verfallen seien, dass der Verkauf sicht nicht lohnte. Dies berichtete der WDR.

Anbaugebiete
 Die Selbstversorgungsquote in Deutschland liegt bei Obst bei 19 Prozent und bei Gemüse bei 35 Prozent. Experten befürchten, dass diese bereits jetzt nicht sehr hohe Quote dadurch noch weiter zurückgehen werde.