Sie turnt, sie boxt, sie geht ins Zirkus-Training – vor allem aber geht die 13-jährige Emily Schumacher zum Capoeira. Nun holte sie als jüngste Teilnehmerin bei den Deutschen Meisterschaften einen ersten Platz in der brasilianischen Kampfsportart.

Bietigheim-Bissingen - Wer sich mit der 13 Jahre alten Emily Schumacher unterhält, der merkt schnell: In diesem Mädchen mit den braunen Augen und den langen, braunen Haaren steckt unglaublich viel Energie. Das drückt sich allerdings nicht in langen Redeflüssen aus oder darin, dass sie nicht auf ihrem Stuhl still sitzen kann. Sondern vielmehr in dem, was sie erzählt und was sie in ihrer Freizeit macht. Denn das Vorurteil mancher, dass Jugendliche ihre Freizeit am liebsten „chillend“ mit dem Smartphone auf dem Sofa verbringen, trifft auf Emily ganz bestimmt nicht zu, im Gegenteil: Sie liebt Sport und Bewegung und ist in ihrer Freizeit am liebsten ständig „in Action“, wie sie sagt.

 

Capoeira ist nicht einseitig

Eines ihrer liebsten Hobbys ist die brasilianische Kampfsportart Capoeira. Das trainiert die Bietigheimerin nun seit acht Jahren, und so erfolgreich, dass sie sich bei den deutschen Meisterschaften im Capoeira in Stuttgart in allen Spielen durchsetzte und sich im Finale als jüngste Teilnehmerin den ersten Platz holte.

„Im Capoeira wird alles miteinander kombiniert: Akrobatik, Musik, Rhythmus und Tanz“, erzählt die 13-Jährige. Für sie sei es die optimale Sportart, weil sich jeder ganz nach dem eigenen Rhythmus und Gefühl entwickeln könne. Zudem sei Capoeira nicht einseitig, wie dies etwa beim Turnen der Fall sei. „Es sind sehr schwierige und komplexe Bewegungen, und man hat viele schnelle Kicks, mit denen man den Gegner täuschen muss.“ Das Besondere beim Capoeira sei zudem, dass man den Gegner niemals absichtlich berühren dürfe. „Wenn es doch zu einer Berührung kommt, dann hat einer geschlafen“,sagt die 13-Jährige.

Emily hat einen großen Ehrgeiz

Unterstützt wird die Neuntklässlerin von ihren Eltern Elke und Sascha Schumacher. Findet irgendwo eine Meisterschaft oder ein Turnier statt, fährt die komplette Familie mit. „Wir waren schon in allen möglichen Städten, und unser nächstes großes Ziel ist die Europameisterschaft an Ostern nächstes Jahr in Prag“, sagt Elke Schumacher. Dort sei Emily dieses Jahr zwar auch gewesen, aber leider schon in der Vorrunde ausgeschieden. „Das muss nächstes Jahr auf jeden Fall anders werden“, sagt die Schülerin voller Zuversicht. Der Ehrgeiz kommt allerdings von ihr selbst, von ihren Eltern bekomme sie keinerlei Druck oder Erwartungshaltung zu spüren. „Wir unterstützen sie in allem und finden es toll, dass sie Capoeira macht. Aber ob sie an Turnieren teilnehmen möchte, entscheidet sie selbst“, sagt ihre Mutter. Emily sei schon immer ein Kind gewesen, das sich gerne und viel bewegt habe. Und Capoeira sei auch deshalb so toll für sie, weil es eine ganzheitliche Sportart sei und die Kinder extrem „erden“ könne.

Portugiesisch ist die Capoeira-Sprache

Neun bis zehn Mitspieler – Capoeira wird nicht als Kampf oder Tanz bezeichnet, sondern als Spiel – kommen regelmäßig ins Training, Emily ist die jüngste in diesem Team. „Ab zehn Jahren rückt man automatisch in die Erwachsenenmannschaft auf, und dort sind nicht so viele in meinem Alter“, sagt sie. Beim Üben bewundert sie vor allem ihren Trainer Marcos de Brito, der eine unglaubliche Geduld an den Tag lege und sie seit dem Beginn ihrer Capoeira-Laufbahn begleite.

Auch die Sprache aus dem Herkunftsland des Capoeira hat es Emily angetan: Sie hat begonnen, Portugiesisch zu lernen. Daneben geht sie zum Turnen, zum Boxen und ins Zirkus-Training. Ist das neben der Schule nicht ein bisschen viel? „Nein, Emily ist eine Einser-Schülerin, darum mache ich mir keine Sorgen“, sagt Elke Schumacher und lacht. Zielstrebig ist ihre 13 Jahre alte Tochter auch in Sachen Beruf. Nach dem Studium möchte sie als Menschenrechtsanwältin arbeiten.

Sport aus Brasilien

Die Geschichte
Capoeira ist eine brasilianische Kampfkunst in Verbindung mit Musik, Akrobatik und Tanz. Die Geschichte reicht bis ins 15. Jahrhundert zurück, als der Sklavenhandel zwischen Brasilien und Afrika begann. Weil den Sklaven verboten war, Tanzsport zu betreiben, tarnten sie diesen mit Tanz und rhythmischer Bewegung.

Die Meisterschaft
Etwa im Jahr 1980 kam Capoeira nach Europa. Mittlerweile gibt es verschiedene Organisationen, seit 18 Jahren werden Europameisterschaften ausgetragen.

Die Leistung
Das Besondere an dieser Sportart ist die Untermalung durch verschiedene Instrumente sowie rhythmischem Klatschen. Ähnlich wie beim Judo gibt es auch hier verschiedenfarbige Gürtel (Kordeln), die den Leistungsstand des Spielers anzeigen.