Erich Ribbeck musste fast bis zum Rentenalter warten, um doch noch Bundestrainer zu werden. Statt Ruhm gab es nur verbale Prügel. Joachim Löw - da ist sich der Jubilar sicher - droht beim Confed Cup kein Desaster.

München - Auch mit 80 Jahren spielt Fußball immer noch eine bedeutende Rolle im Leben von Erich Ribbeck. Ins Stadion geht der ehemalige Bundestrainer zwar nur noch selten. Aber wie jetzt beim anstehenden Confederations Cup wird „Sir Erich“ bei den meisten Spielen als interessierter Zuschauer und Experte vor dem TV-Gerät sitzen. Wobei das Thema Confed Cup bei dem Jubilar, der an diesem Dienstag im rheinischen Pulheim im Kreise seiner Familie den runden Geburtstag feiert, ganz persönlich „ausnahmslos furchtbare“ Erinnerungen weckt.

 

18 Jahre ist es her, als Ribbeck als Nationaltrainer den Untergang der deutschen Nationalmannschaft beim Konföderationen-Pokal in Mexiko zu verantworten hatte. Er musste 1999 ausbaden, was ihm der DFB und die Bundesligavereine eingebrockt hatten. „Ein Todeskommando war es nicht“, sagte Ribbeck der Deutschen Presse-Agentur beim Blick zurück. Aber er war damals doch „der Depp der Nation“. Von jedem Verein durfte er nur zwei Spieler mitnehmen nach Mexiko, wo Deutschland als Europameister nach einem krachenden 0:4 gegen Brasilien, einem 2:0 gegen Neuseeland und dem abschließenden 0:2 gegen die USA nach der Vorrunde ausschied. „Ich wusste von vorne herein, dass wir chancenlos sind“, sagt Ribbeck, der die Prügel einstecken musste.

Neben damaligen Jung-Nationalspielern wie Michael Ballack und Bernd Schneider kamen in Mexiko Akteure wie Ronald Maul oder Heiko Gerber zu Länderspielehren. „Es sind Spieler zu Nationalspielern geworden, die es sonst nie geworden wären“, sagt Ribbeck. Er erinnert sich bis heute noch lebhaft an eine Sitzung in der Frankfurter DFB-Zentrale. „Franz Beckenbauer hat zu mir gesagt: ‚Erich, es ist doch egal, mit welchen Spielern du da dahinfährst. Hauptsache, du fährst’!“

Ribbeck fuhr, vor allem um Deutschlands Bewerbung um die WM 2006 nicht zu gefährden. „Die hätten wir sonst nie gekriegt“, betont Ribbeck. Der Zuschlag erfolgte im Juli 2000, kurz nach dem blamablen Aus der DFB-Auswahl bei der EM in Belgien und den Niederlanden mit dem unrühmlichen Ende von Ribbecks Amtszeit als Nationaltrainer.

Joachim Löw wird in dieser Woche ebenfalls ohne das Gros seiner Weltmeister zum Confed Cup nach Russland aufbrechen. Trotzdem sei die Situation völlig anders, meint Ribbeck: „Jogi verfügt über einen ganz anderen Fundus an jungen Spielern.“ Ein sportliches Risiko wie in Mexiko 1999 sieht der Ex-Bundestrainer nicht: „Entweder ist Löw erfolgreich, dann ist alles gut. Und wenn sie wie wie wir damals ausscheiden sollten, werden alle sagen, die jungen Spieler sind eben noch nicht so weit.“ Prügelknabe Joachim Löw? Für Ribbeck undenkbar.

Zehn Siege, sechs Unentschieden und acht Niederlagen standen nach knapp zwei Jahren in seiner Negativbilanz als Nationalcoach. Nach dem Rücktritt von Berti Vogts im Herbst 1998 kam Ribbeck eher als x-te Wahl in das von ihm so lange ersehnte Amt. Wunschkandidaten wie Jupp Heynckes, Otto Rehhagel und Ottmar Hitzfeld standen nicht zur Verfügung. DFB-Präsident Egidius Braun plante bei der hektischen Suche kurzzeitig sogar mit Paul Breitner, dem ewigen Rebell.

Am Ende übernahm Ribbeck, sozusagen mit 14 Jahren Verspätung. Der gebürtige Wuppertaler hatte eigentlich nach dem EM-Aus 1984 damit gerechnet, dass er als damaliger Co-Trainer von Jupp Derwall dessen Nachfolge antreten dürfte. Die Wahl fiel jedoch auf Beckenbauer, der Deutschland 1990 in Italien zum dritten WM-Titelgewinn führte.

Ribbeck, mit 31 einst jüngster Bundesligatrainer, wurde mit 61 Jahren der am spätesten berufene Bundestrainer. Er wollte diese Herausforderung. „Sie hat mich immer am meisten gereizt.“

Als Fußballer war er ein Verteidiger mit begrenzter Begabung. Als Trainer war er eloquent und ein guter Verkäufer. Der große Erfolg gelang ihm 1988 als UEFA-Cup-Sieger mit Bayer Leverkusen. „Das war natürlich einer meiner schönsten Momente als Trainer.“

In die Öffentlichkeit drängt es ihn nicht mehr

Die Entwicklung des Profifußballs betrachtet er zwiespältig. „Wir sind 30 Jahre zu früh geboren, wenn man das Geld sieht, das heute verdient wird.“ Die heutigen Mega-Ablösesummen und Millionengagen betrachtet er trotzdem kritisch. „Bei den Unsummen, die im Spiel sind, ist es ein Wunder, dass der einfache Fan das mitmacht. Die Stadien sind gefüllt. Aber man muss aufpassen, dass man den Bogen nicht überspannt“, sagt Ribbeck.

Er wird die weitere Entwicklung aufmerksam verfolgen - aber aus der Distanz. In die Öffentlichkeit drängt es ihn nicht mehr. Mit Ehefrau Ulla, Tochter, Sohn und seinen sechs Enkelkindern wird er im familiären Kreis seinen nächsten runden Geburtstag feiern.

Und dann weiter zwischen den Wohnorten Pulheim und Teneriffa pendeln. Ribbeck spielt noch hin und wieder Golf. Anonsten hält er sich auf dem Crosstrainer fit. Das Surfen hat er dagegen schon vor längerer Zeit eingestellt. „Mir geht es gut, abgesehen von meinen Wehwehchen“, sagt er. Ribbeck hat einige Knieoperationen hinter sich, zudem ein künstliches Hüfgelenk. „In meinem Alter ist die Gesundheit mit am wichtigsten.“ Und auf jeden Fall wichtiger als das Fußball-Business.