Jürgen Klinsmann gibt beim Spiel der deutschen Elf gegen Serbien sein Debüt als Fernsehkommentator. Da werden bei unserem Sportredakteur Dominik Ignée Erinnerungen an sein Altherrenfußball-Debüt im Sindelfinger Glaspalast wach.

Sport: Dominik Ignée (doi)

Stuttgart - Mensch Klinsi, alte Hütte! Beim Länderspiel der Nationalelf am Mittwoch (20.45 Uhr) gegen Serbien gibst du dein Debüt als TV-Experte des Privatsenders RTL. Ich werde deinen Weg in ein neues Leben am Bildschirm gespannt verfolgen. Sorry, aber ich erlaube mir, dich zu duzen, weil ich ein winziger Teil deines alten Lebens bin.

 

Sagen wir so: Mein Auftritt in deiner Vergangenheit war nur ein lächerlicher Wimpernschlag, einer, an den du dich nicht erinnern wirst – und wenn doch, dann nur vage. Aber ich sage „du“, weil wir vor fast 20 Jahren gegeneinander Fußball gespielt haben und ich mich nicht erinnern kann, auf dem Platz „Herr Klinsmann“ zu dir gesagt zu haben. Gemeinsames Sporttreiben verbrüdert. Bei dem Jux-Kick im Vorfeld des Junioren-Turniers im Sindelfinger Glaspalast lupfte ich einen Ball über die Abwehr deiner Mannschaft zu einem Mitspieler, und die Pille kam trotz meines unterdurchschnittlichen Talentes wie durch ein Wunder auch an. „Super Pass“, hast du mir zugerufen – und mir damit den Tag gerettet! Ich würde sogar sagen, dass ich in meinem Leben noch nie ein so schönes und wertvolles Kompliment bekam. Es kommt selten vor, dass ein Fußball-Weltmeister zu dir sagt: „Super Pass.“

Mit Tempo 100 ins Gesicht

Weniger super, Klinsi, war dein Hammer-Freistoß, der mir gefühlt mit Tempo 100 ins Gesicht donnerte, weil ich als Teil unserer Mauer hochgesprungen war. Mein Schmerz war dir nicht egal, ein herzliches Dankeschön dafür im Nachhinein. „Oh je, hot’s weh do? fragtest du mich voller Sorge. Und weil man vor einem Fußball-Weltmeister nicht losflennt wie ein Kleinkind, sammelte ich mich und sagte: „Alles gut, Jürgen, kein Problem.“

In Wirklichkeit war gar nichts gut: Es hat saumäßig wehgetan, nach fast zwanzig Jahren kann man mit der Wahrheit ja mal herausrücken. Drei Tage lang konnte ich meinen Unterkiefer nur eingeschränkt und unter fiesen stechenden Schmerzen bewegen. Erst nach zwei, drei Wochen war alles wieder beim Alten. Im Hinblick auf eine Diagnose bewegte ich mich wahrscheinlich irgendwo zwischen Kieferbruch und Gehirnerschütterung. Den Rat meiner Frau, mich mal röntgen zu lassen und nicht den lieben langen Tag herumzujammern, nahm ich natürlich nicht an. Denn – mal Hand aufs Herz, Sportskameraden – wann geht ein Mann schon zum Arzt?

Von Jürgen Klinsmann gefühlt ins Koma geschossen zu werden, Freunde, das ist wirklich nicht vergnügensteuerpflichtig – stellt aber dennoch einen Höhepunkt in meinem Leben dar. Dass wir damals deutlich verloren haben, obwohl der spätere Bundestrainer Joachim Löw in meiner Mannschaft mitkickte, ist nur eine Randnotiz. Doch seid ihr echt besser gewesen, Jürgen! Das wollte ich dir damals eigentlich noch sagen...

In unserer Bildergalerie sehen sie Jürgen Klinsmann, den Spieler und Trainer.