Da werden Erinnerungen wach: Die Volleyball-Nationalspielerin Lisa Thomsen trifft mit Allianz MTV Stuttgart am Mittwoch (19 Uhr) in der Champions League auf ihren Ex-Club Lokomotiv Baku aus Aserbaidschan.

Stuttgart - Allianz MTV Stuttgart wartet nach wie vor auf den ersten Erfolg in der Champions League. Nicht mal ein einziger Satz war den Neulingen in der Königsklasse bisher vergönnt. Doch Lisa Thomsen, Stuttgarts Libero mit der Erfahrung von zwei Jahren in Aserbaidschan, wittert eine Chance, wenn an diesem Mittwochabend (19 Uhr, Scharrena) das Team von Lokomotiv Baku aufschlägt. „Wenn wir so geschlossen auftreten wie zuletzt beim Pokalfinaleinzug gegen den USC Münster und dann noch die tolle Zuschauerkulisse der Scharrena im Rücken haben, dann kann schon der eine oder andere Satz herausspringen“, sagt Thomsen zuversichtlich.

 

Die Libero-Spielerin der deutschen Nationalmannschaft hat in den vergangenen zwei Jahren erst für Azerrail und anschließend für den Kontrahenten Lokomotiv in der Hauptstadt von Aserbaidschan gespielt, bevor sie nach dem Saisonaus von Tamari Miyashiro zum Stuttgarter Vizemeister kam.

Vieles läuft anders in Aserbaidschan

„Meine Zeit in Baku, so weit von zuhause weg, ist eine Erfahrung, die ich nicht missen möchte“, sagt die 30-jährige pflichtbewusst. Dennoch ist auch ihr aufgefallen, dass eben vieles anders läuft in einem Land, in dem Präsidentschaftswahlen von neutralen Organisationen beobachtet werden müssen und der Umgang mit Menschenrechten äußerst problematisch ist. Lässt man die Politik außen vor, präsentiert sich die Superliga der Frauen in Aserbaidschan zumeist aus sechs Mannschaften, die alle in der Hauptstadt Baku spielen und dort in derselben, meist leeren A.Y.S Sports Hall.

Gleich die Hälfte der Vertreter der aserbaidschanischen Superliga, also insgesamt drei Teams, treten in der Champions League an. „Während meiner Zeit in Baku am meisten vermisst habe ich die Zuschauer und so etwas wie eine Heimspiel-Atmosphäre“, sagt Thomsen. Als das Stuttgarter Team vor zwei Wochen zum zweiten Mal in Baku antrat, verloren sich gerade mal 300, hauptsächlich männliche Zuschauer in der dortigen Halle. Teilweise werden deshalb Kleidungsstücke auf die Klappsitze gelegt, damit es nach mehr aussieht.

„Die Bedingungen dort sind einer Champions League nicht würdig“, schimpfte auch Stuttgarts Manager Bernhard Lobmüller, der dagegen bei seinen Heimspielen akribisch versucht, den Telefonbuch-dicken Vorschriften des Europäischen Volleyball-Verbands CEV zu genügen. Teams wie Azerrail oder Lokomotiv Baku kümmern sich viel weniger um diese Regularien, verpflichten aber einzelne Spielerinnen für Beträge, die dem kompletten Stuttgarter Saisonetat entsprechen und zahlen eben auch die Strafen der CEV ohne mit der Wimper zu zucken. Oligarchen aus der Öl- oder Transportindustrie machen es möglich.

Abendessen mit alten Bekannten

„Es war schön, wieder mal in Baku gewesen zu sein“, sagt Thomsen – alte Freunde und Bekannte treffen aus Mannschaft, Trainerteam und Umfeld; nach dem Spiel ging sie mit drei Spielerinnen von Lokomotiv und dem Stuttgarter Team zum Essen. Und hatte dafür auch gleich die passende Restaurantempfehlung parat. „In dem Lokal sitzt man mit schönen Blick auf das Haydar-Aliyev-Center mit seinen geschwungenen weißen Bögen.“

Auch mit dem Auftritt ihres neuen Teams gegen ihr altes war sie nicht unzufrieden. „Wir haben vor allem im ersten Satz lange mitgehalten. Erst am Ende hat sich deren Klasse durchgesetzt“, meint Thomsen, die 2012 und 2013 mit dem Schweriner SC das Double von Meisterschaft und Pokalsieg holte und nun mit Allianz MTV Stuttgart zum dritten Mal im Pokalfinale steht.

Die erfahrene Kraft ist nicht nur auf Spielfeld eine große Stütze, wenn sie wie gegen den USC Münster mit spektakulären Hechtsprüngen immer wieder die Hände unter den Ball bekommt, bevor dieser den Boden berührt, oder mit ihren Top-Reflexen eine hervorragende Verteidigungsarbeit ermöglicht. „Wir sprechen alle sehr viel miteinander. Mit den Spielerinnen, mit den Trainern. Dafür eignen sich gerade solche längere Reisen wie in der Champions League“, meint die 111-fache Nationalspielerin, deren Familie in Sinsheim lebt. „Es freut mich, dass ich so gebraucht werde und mich einbringen kann.“ Den passenden Restauranttipp gibt’s obendrein.