Exklusiv Stefan Mappus kann vollends aufatmen: die grün-rote Regierung wird das Ende der Untreue-Ermittlungen gegen ihn nicht anfechten. Die Staatsanwaltschaft weigert sich derweil, ihre Einstellungsverfügung wie in anderen Fällen offenzulegen.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) muss endgültig nicht mehr befürchten, wegen des EnBW-Deals vor Gericht zu kommen. Die Landesregierung hätte als Vertreter des geschädigten Landes zwar die Möglichkeit, gegen die Einstellung der Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft Stuttgart Beschwerde einzulegen. Damit könnte sie versuchen, doch noch eine Anklage gegen Mappus und die Ex-Minister Willi Stächele und Helmut Rau (beide CDU) wegen Untreue zu erzwingen. Von dieser Option wird sie aber keinen Gebrauch machen. Dies hat das Finanz- und Wirtschaftsministerium von Nils Schmid (SPD) in Abstimmung mit dem Staatsministerium von Winfried Kretschmann (Grüne) entschieden, wie ein Sprecher Schmids der Stuttgarter Zeitung sagte. Eine Begründung für den Verzicht nannte er auch auf Nachfrage nicht.

 

Die Staatsanwaltschaft hatte die Ermittlungen gegen die Ex-Regierenden und den Investmentbanker Dirk Notheis Ende Oktober eingestellt. Ihr Fazit: Mappus, Rau und Stächele hätten zwar ihre Vermögensbetreuungspflicht gegenüber dem Land verletzt. Sie hätten den Kaufvertrag unterschrieben, ohne die haushaltsrechtlichen Vorschriften zu beachten, die eine genaue Prüfung und Bewertung des Kaufgegenstandes vor dem Abschluss verlangten. Ihnen könne jedoch nicht nachgewiesen werden, dass sie das Land vorsätzlich geschädigt oder einen Schaden zumindest billigend in Kauf genommen hätten. Damit fehle eine zwingende Voraussetzung für Untreue und ein strafbares Verhalten.

„Verletzter“ beim EnBW-Deal wäre das Land

Gegen die Einstellung von Ermittlungen kann nach der Strafprozessordnung (StPO) Beschwerde eingelegt werden. Sofern die übergeordnete Generalstaatsanwaltschaft dieser nicht abhilft, kann es zu einem Klageerzwingungsverfahren vor dem Oberlandesgericht kommen. Auf diese Weise waren etwa neue Ermittlungen zum Nazi-Massaker in Sant Anna erzwungen worden, die die Staatsanwaltschaft Stuttgart zuvor eingestellt hatte. Ein Beschwerderecht haben laut StPO nur „Verletzte“. Verletzt in diesem Sinne „wäre das Land Baden-Württemberg“, hieß es bei der Staatsanwaltschaft. Das Justizministerium teilte mit, Bürger und Steuerzahler seien nach Rechtssprechung und Literatur keine Verletzten, wenn es um Delikte zum Nachteil öffentlicher Haushalte gehe.

Der Schaden fürs Land wurde erst kürzlich wieder in der Bilanz der Landesfirma Neckarpri sichtbar: Die EnBW-Beteiligung ist danach heute etwa 1,5 Milliarden Euro weniger wert als beim Kauf, ihre Finanzierung verursacht Millionenverluste. Die Entscheidung der Staatsanwaltschaft, das Verfahren einzustellen, war bei Bürgern und Politikern teilweise auf Unverständnis gestoßen. Justizminister Rainer Stickelberger (SPD) hatte sie jedoch abgesegnet. Man habe die Verfügung „auf ihre rechtliche Vertretbarkeit hin geprüft“ und keinen Anlass zu einer Weisung gesehen, sagte seine Sprecherin. Nachträglich abgesegnet wurde von Stickelberger auch die Weigerung der Anklagebehörde, die angeblich 140-seitige Verfügung interessierten Medien – darunter der StZ – zur Verfügung zu stellen; dies sei „nicht zu beanstanden“.

Abschlussverfügung bleibt unter Verschluss

Die Sprecherin der Behörde sagte, es sei die Regel, dass Abschlussverfügungen nicht herausgegeben würden. In „Ausnahmefällen“ könne davon abgewichen werden; dies war etwa bei Sant Anna und beim Polizeieinsatz im Schlossgarten der Fall. Neben den Interessen der Öffentlichkeit müssten auch „schutzwürdige Belange aller Beteiligten“, also nicht nur der Beschuldigten, beachtet werden. Im Rahmen dieser Abwägung habe man entschieden, dass der EnBW-Deal keine Ausnahme erlaube. Die Beschuldigten seien dazu gar nicht befragt worden. Auf die Bitte der StZ, die Verfügung gegebenenfalls mit geschwärzten Stellen zu erhalten, ging die Staatsanwaltschaft nicht ein. Auch Mappus’ Anwälte reagierten nicht auf eine entsprechende Anfrage. Sie hatten die Einstellung als „großen Sieg des Rechtsstaats“ gelobt.