Ein ehemaliges Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr soll für den Abbruch des Abschlusskonzerts im Sommer 2016 verantwortlich sein. Zudem ist der 21-Jährige wegen Brandstiftung angeklagt.

Ludwigsburg - Am 14. Juli fährt ein Mann in Nizza mit einem Lastwagen 86 Menschen tot, wenige Tage später erschießt ein 18-Jähriger neun Passanten am Münchner Olympia-Einkaufszentrum: Die Welt ist in Angst und Aufruhr, als das Abschlusskonzert der Ludwigsburger Schlossfestspiele am 23. Juli 2016 wegen einer Bombendrohung abgebrochen wird. Nach wenigen Stunden stellt sich zwar heraus, dass keine Gefahr für die rund 1200 Besucher im Forum am Schlosspark besteht. Die Betroffenheit aber ist groß: „Wir lassen uns die Kunst nicht verderben“, sagt etwa der Chefdirigent Pietari Inkinen.

 

Inzwischen scheint klar: die Drohung an jenem Samstagabend kam nicht von einem potenziellen Attentäter – sondern von einem damaligen Mitglied der Ludwigsburger Feuerwehr. Das jedenfalls haben die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ergeben, die in diesen Tagen Anklage gegen einen 21-Jährigen erhoben hat. Entsprechende Informationen unserer Zeitung bestätigt Jan Holzner, Sprecher der Behörde.

Beschuldigter war als Feuerwehrmann im Einsatz

Demnach werfen die Ermittler dem jungen Mann, der mittlerweile im Kreis Esslingen wohnt, vor, die Bombendrohung erfunden zu haben. Gegenüber der Polizei äußerte er an jenem Samstagabend, dass ein unbekannter Mann zu ihm gesagt habe, dass „etwas in die Luft fliegen könne“. Den Unbekannten beschrieb der 21-Jährige als bärtig und rund 30 Jahre alt. Er habe ein weißes T-Shirt und eine Hose mit Tarnmuster getragen. Allein: diesen Mann gibt es nach Auffassung der Polizei nicht. Vielmehr soll sich der 21-Jährige die Geschichte ausgedacht haben, um Aufmerksamkeit zu erregen – und weil er keine Lust auf seinen Dienst als Feuerwehrmann an jenem Abend hatte. Das geht aus der Anklage der Staatsanwaltschaft hervor.

Laut dieser war der 21-Jährige als Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr zu einer sogenannten Brandsicherheitswache eingeteilt. Gegenüber Zeugen soll er gesagt haben, dass er keine Lust auf diesen Dienst verspüre. Deshalb habe er die angebliche Bombendrohung des Unbekannten erfunden und die Polizei alarmiert.

Der 21-Jährige bestreitet die Vorwürfe

Das Forum am Schlosspark war damals genauso evakuiert worden wie ein Flügel eines angrenzenden Hotels. Ein Stück der Bundesstraße 27 war gesperrt worden, die Polizei war mit 22 Streifenwagen, einem Hubschrauber und Sprengstoffspürhunden im Einsatz. Sprengstoffexperten des Landeskriminalamts untersuchten einen verdächtigen Gegenstand, der auf dem Gelände gefunden worden war, sich nach kurzer Zeit aber als harmlos herausstellte.

Erst nach rund drei Stunden beendete die Polizei ihren Einsatz. Bundesweit geriet der Vorfall in die Schlagzeilen. Jetzt lautet der Vorwurf gegen den 21-Jährigen auf Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung einer Straftat.

Der Beschuldigte selbst bestreitet die Vorwürfe aus der Anklageschrift. Gegenüber unserer Zeitung erklärt er, er sehe sich als Sündenbock. Dabei ist die Bombendrohung nur ein Teil der Anklage: So soll der Ex-Feuerwehrmann auch für den Brand in einem Mehrfamilienhaus in der Ludwigsburger Saarstraße im August 2016 verantwortlich sein. Damals war mitten in der Nacht im Zimmer eines Mitbewohners des 21-Jährigen ein Feuer ausgebrochen. Der Beschuldigte, der in der Nacht als einziger in der Wohnung schlief, rettete sich über eine Leiter ins Freie. Nach den Löscharbeiten teilte die Polizei mit, dass die Wohnung teils unbewohnbar sei und schätzte den Schaden auf rund 15 000 Euro.

Beide Vorwürfe sind Teil einer umfassenden Anklage, die derzeit beim Amtsgericht Nürtingen liegt. Einen Verhandlungstermin hat die zuständige Jugendkammer noch nicht bestimmt.

Kosten für den Einsatz gehen in die Tausende Euro

Die Stadt Ludwigsburg will sich zu den Ermittlungen gegen einen ihrer ehemals freiwilligen Feuerwehrmänner nicht ausführlich äußern. Schriftlich teilt das Rathaus lediglich mit, dass der 21-Jährige „seit Mai 2017 nicht mehr in der Feuerwehr tätig ist“. Dies hat mit dem Umzug des Mannes in eine andere Stadt zu tun – nach gesicherten Informationen unserer Zeitung wurde er allerdings schon früher, im Februar 2017, vom Dienst in der Feuerwehr beurlaubt. Der Anlass dafür waren die Ermittlungen der Polizei gegen ihn.

Neben dem Strafverfahren kommen auf den jungen Mann hohe Kosten zu. Nach Auskunft des Ludwigsburger Polizeipräsidiums muss er mit einer Rechnung für den Großeinsatz im Sommer 2016 rechnen. Wie hoch sie ausfällt, lasse sich nur schwer beziffern, sagt eine Sprecherin – in vergleichbaren Fällen gehe die Summe schnell in den vier- oder gar fünfstelligen Bereich.