Der Macron-Vertraute Alexandre Benalla ist im Visier der Ermittler und beschert dem französischen Staatschef einen handfesten Skandal.

Paris - Man möchte ihn für einen Freund der Familie halten. Fotos zeigen Alexandre Benalla in enger Verbundenheit mit Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron und seiner Gattin Brigitte. Mal ist der bärtige Koloss zu sehen, wie er sich im Seebad Touquet einer Radtour der beiden anschließt, sich lächelnd auf den Sattel schwingt. Dann wieder zeigen Bilder den Bodyguard und Sicherheitsbeauftragten, der vom Präsidialamt des Élysée verpflichtet wurde, an der Seite Macrons auf dem Weg zum Tennisplatz.

 

Dabei hat sich Benalla dem Politiker erst vor zwei Jahren angeschlossen. In Krav Maga geübt, der von Israels Armee praktizierten Kampftechnik, bot Benalla dem angehenden Präsidentschaftskandidaten im Juli 2016 seine Dienste an. Die Zusammenarbeit sollte nicht lange währen. Vergangene Woche ist sie abrupt beendet worden. Das Präsidialamt hat den mit Diplomatenpass, Dienstwohnung und monatlich 7113 Euro brutto ausgestatteten Sicherheitsbeauftragten des Staatschefs am Freitag entlassen. Macron hat nachgelegt. Der Präsident hat gefordert, „das schockierende, inakzeptable Verhalten“ Benallas zu bestrafen. Nachdem aufgeflogen war, dass sich Benalla bei der 1.-Mai-Kundgebung einen Polizeihelm aufgesetzt und Demonstranten verprügelt hatte, war der Sicherheitsexperte zur Bedrohung geworden.

Macron dürfte die Prügelaffäre schwer angeschlagen überstehen

Wobei sich der 26-Jährige auch in der Stunde der Trennung loyal gezeigt, das Präsidialamt nicht belastet hat. Er sei am 1. Mai von der Polizei als Beobachter empfangen und ausgerüstet worden, habe dann aus eigenem Entschluss die bedrängten Sicherheitskräfte unterstützt, ließ er am Montagabend durch seine Anwälte mitteilen.

So gut dies gemeint gewesen sein mag – aus der Schusslinie nimmt es den Staatschef nicht. Der Vorwurf, das am 2. Mai über die Prügelaffäre informierte Präsidialamt habe die Angelegenheit zu vertuschen versucht, seinerzeit weder die Justiz eingeschaltet noch den Eigenmächtigen entlassen, ist damit nicht ausgeräumt. Zum Zeichen ihrer Empörung haben die konservativen Republikaner am Dienstag angekündigt, im Parlament einen (angesichts der Mehrheitsverhältnisse chancenlosen) Misstrauensantrag einzubringen.

Während Macron die Prügelaffäre schwer angeschlagen überstehen dürfte, bricht für den Prügelnden selbst eine Welt zusammen. Als Retter von Prominenten wollte Benalla, der in einer Vorstadt von Evreux aufwuchs, ins Rampenlicht treten. Der in jungen Jahren schmächtige, schüchterne Alexandre stemmte Gewichte, spielte Rugby, wurde ein wahrer Schrank von einem Mann. Der Lohn der Mühen: Mit 19 Jahren durfte der Franzose marokkanischer Herkunft beim Filmfestival von Deauville den Leinwandstars Marion Cotillard und Guillaume Canet als Bodyguard zur Seite stehen. Als Promi-Leibwächter ausgewiesen, heuerte Benalla anschließend bei Frankreichs Sozialisten an. Er wachte über Martine Aubry, die vergebens eine Präsidentschaftskandidatur anstrebte, trat dann in die Dienste des erfolgreicheren François Hollande. Als „freundlich, aber etwas heißblütig“ behält ein Genosse den Leibwächter in Erinnerung.

„Und dann ist bei dem Mann offensichtlich eine Sicherung durchgebrannt“

Nach einem Intermezzo in Clermont Ferrand, wo Benalla einen Master in Öffentlicher Sicherheit machte, ging es beruflich weiter bergauf. Von Macrons Bewegung En Marche als Helfer angeworben, überzeugte der Leibwächter durch Fantasie und Kühnheit. „Als Demonstranten eine Ausfahrt blockierten, ließ Benalla den Präsidenten eine Mauer hochklettern“, erzählt ein Wegbegleiter. Nach einem 100-Stunden-Kurs bei der Gendarmerie wurde der Leibwächter zum Gefreiten der Reserve ernannt. Es folgten die Beförderung zum Oberstleutnant – ein Dienstgrad, den gewöhnliche Sterbliche frühestens als 40-Jährige erhoffen dürfen – sowie die Ernennung zum Sicherheitsbeauftragten des Präsidialamts. „Und dann“, erzählt ein Bekannter Benallas, „ist bei dem Mann offensichtlich eine Sicherung durchgebrannt.“