Trotz gesunder Essensangebote greifen die Kunden in den USA oft lieber zu Pommes und Dreifachhamburgern. Die Folgen sind teilweise lebensbedrohlich.

Stuttgart - Der Name war Programm – doch so hatte sich Jon Basso das nicht vorgestellt. Sein Restaurant in Las Vegas namens Heart Attack (Herzanfall) wirbt damit, dass es dort leckeres, aber ungesundes Essen gibt. Jetzt hat dort ein Besucher in der vergangenen Woche beim Genuss eines Tripelburgers wirklich einen Herzanfall erlitten – die anderen Kunden hielten es erst für einen gelungenen Werbegag, bis der Ernst der Lage deutlich wurde.

 

Der Mann wurde gerettet, das Restaurant, in dem Kunden, die mehr als 130 Kilogramm wiegen, umsonst essen dürfen, geriet dadurch aber landesweit in die Schlagzeilen: Die Pommes frites werden dort nicht in Öl, sondern in ausgelassenem Speck frittiert. Der Quadrupel-Burger allein, gefüllt mit fast einem Kilo Hackfleisch, einem Dutzend Speckstreifen, Käse, Ketchup und Mayonnaise, hat mehr als 8000 Kalorien, mit einer Cola und Pommes kommen 10 000 Kalorien zusammen – eine Ration, die normalerweise für fast fünf Tage reicht.

Wie in dem Restaurant in Las Vegas gibt es, nachdem die Ketten jahrelang Geflügel und Salate beworben haben, in den USA eine Renaissance des traditionellen fetten Essens. Kentucky Fried Chicken wirbt für ein doppelt belegtes Sandwich, das es auf knapp 1000 Kalorien bringt. Noch mehr hat ein simpler Milchshake des Konkurrenten Carls Jr. mit Schinkengeschmack in sich, der es in der XXL-Größe auf beachtliche 1081 Kalorien bringt.

Worte lassen keine Taten folgen

Wie kommt es, dass die Amerikaner trotz aller Appelle und trotz der Gesundheitskampagne der amerikanischen Präsidentengattin Michelle Obama dem Fast Food die Treue halten? Laut der neusten Zahlen des Nationalen Zentrum für Gesundheitsstatistik (NCHS) der USA gehen die Gewichtskurven der Amerikaner immer noch nach oben. Der Trend hat sich aber verlangsamt – darin sehen die Mediziner schon einen ersten Erfolg. Dennoch sind die Zahlen alarmierend: Rund 35,7 Prozent der Erwachsenen sind stark übergewichtig, das bedeutet, sie liegen mehr als 14 Kilogramm über der Norm. Ein weiteres Drittel hat leichtes Übergewicht. Im Jahr 2000 waren nur 30,5 Prozent der Bevölkerung stark übergewichtig, im Jahr 2008 immerhin schon 33,7 Prozent. In mehr als zwölf Staaten der USA liegt die Rate der stark Übergewichtigen bei mehr als 30 Prozent, Colorado mit nur 21 Prozent ist der „schlankste“ Staat. In Mississippi hingegen wiegen fast 70 Prozent der Erwachsenen und 44 Prozent der Kinder zu viel.

Wissenschaftler haben nun untersucht, warum die Kunden trotz der gesunden Alternativen, die es inzwischen in jedem Fast-Food-Restaurant gibt, zum Burger greifen. Das Ergebnis: die Amerikaner bevorzugen nur in ihren Worten Gesundes, nicht in ihren Taten. 47 Prozent begrüßen laut einer Studie des Marktforschungsinstituts Technomic die gesünderen Gerichte, aber nur 23 Prozent würden sie tatsächlich auch selbst bestellen. Die Wahl an der Theke wird durch einen Impuls und nicht durch den Intellekt gesteuert, so die Schlussfolgerung von Technomic.

Eine Studie des britischen „Medical Journal“ aus dem Jahr 2009 ergab, dass auch nach der Vorschrift, die Kalorienzahl anzugeben, nur 15 Prozent der Kunden gesündere Gerichte auswählten. Als Folge davon, so berichten die Marktforscher von Technomic, ging der Anteil der fettreduzierten Gerichte im Angebot 2010 wieder um fünf Prozent zurück.

„Gesunde Menüs verkaufen sich überhaupt nicht gut“

Die Konzerne selbst geben Zahlen nur zögernd heraus. Im IHOP-Pfannkuchen-Haus ist immer noch das 1180-Kalorien-Frühstück der Bestseller, während die neuen „Simple & Fit“-Angebote laut eines Sprechers zwar mehr gefragt würden, aber immer noch deutlich im einstelligen Bereich liegen würden. McDonald’s entwickelte drei Jahre lang einen McLean Deluxe, der zum Verkaufsflop wurde. Und auch auf den Apfelschnitzen, die Eltern beim Kindermenü wählen können, bleiben die Filialen sitzen. Über konkrete Zahlen schweigt sich der Konzern aus. Andy Puzder, der Chef mehrerer Restaurantketten, bringt es auf den Punkt: „Wir haben inzwischen gesunde Menüs im Angebot – aber sie verkaufen sich überhaupt nicht gut.“

William Dietz, der Direktor der Abteilung für Ernährung, Bewegung und Übergewicht am NCHS, setzt jedoch auf langfristige Effekte in der Bevölkerung: „Es dauert einige Zeit, bis sich das Umdenken in der Statistik niederschlägt.“ Der Fachmann sieht auch in den schlechten Verkaufszahlen von gesunden Angeboten in den Fast-Food-Ketten kein Alarmzeichen: „Die Leute essen zu Hause gesünder, und wenn sie dann einmal auswärts essen, belohnen sie sich selbst.“