Orangensaft ist ziemlich kalorienreich, deshalb raten Ernährungsexperten oft davon ab. Doch Forscher der Universität Hohenheim setzen sich für den Saft ein: Denn der Körper nimmt die Vitamine aus einem Saft besser auf.

Leben: Ricarda Stiller (rst)

Stuttgart - Sein Ruf ist nicht besonders gut. Zwar ist bekannt, dass Orangensaft Vitamine und andere wertvolle Nährstoffe enthält, doch wegen seines hohen Zuckergehaltes wird er aus vielen Ernährungsplänen verbannt. In England ist sogar eine Art Strafsteuer auf alle Fruchtsäfte vorgeschlagen, und Orangensäfte sind in einigen Kindergärten als „junk food“ eingeordnet worden. Womöglich zu Unrecht, wie Wissenschaftler der Universität Hohenheim mit einer Studie zeigen. Sie haben  untersucht, ob die Carotinoide und Flavonoide, die das Risiko für einige Krebs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken können, vom Körper besser aus der Orangenfrucht oder besser aus dem Saft der Orange aufgenommen werden können.

 

Das Ergebnis überrascht: Die Nährstoffe würden potenziell besser aus dem Orangensaft aufgenommen als aus der Frucht, sagt Reinold Carle, Leiter des Lehrstuhls für Technologie und Analytik pflanzlicher Lebensmittel und Initiator der Studie. Zwar würden die Carotinoid- und Vitamin-C-Gehalte bei der Herstellung des Saftes geringfügig vermindert, sagt Carle, dafür nehme aber gleichzeitig der Anteil um ein Vielfaches zu, den der Körper aufnehmen und verwerten kann. Die Freisetzung der Carotinoide, die als Provitamin-A eine wichtige Rolle spielen, steigt nach Angaben der Hohenheimer Forscher deutlich an.

Für die Studie hat der Doktorand Julian Aschoff Säfte mit verschiedenen Verfahren aus der verbreiteten Navel-Orange hergestellt. Die Freisetzung der Nährstoffe aus den Säften haben die Wissenschaftler dann mit der aus der Frucht verglichen. Dazu haben sie ein Modell des menschlichen Verdauungstraktes verwendet. Nacheinander werden bei diesem Verfahren die gleichen Bedingungen hergestellt, wie sie im Mund, Magen und Dünndarm herrschen.

Wie wäre es mit einem Glas Saftschorle?

Es ist demnach so, dass der Mensch die Nährstoffe der Orange besser aus dem Saft als aus der frischen Frucht aufnehmen kann. Dieses Ergebnis haben die Hohenheimer Wissenschaftler Julian Aschoff, Reinold Carle und Ralf Schweiggert in der Fachzeitschrift „Journal of Agricultural and Food Chemistry“ veröffentlicht. Die Carotinoide seien aus dem Saft bis zu vierfach besser aufnehmbar als aus der Frucht. Während aus der Orange etwa elf Prozent und aus frischem Saft 28 Prozent Carotinoide freigesetzt wurden, stieg dieser Wert bei pasteurisiertem Saft auf 40 Prozent.

Julian Aschoff kommt zu dem Schluss, dass „die Inhaltsstoffe im Saft bei der Pasteurisierung besser freigesetzt werden als beim Verzehr der ganzen Frucht“. Sie könnten so vom Körper besser verstoffwechselt werden. Zudem habe eine soeben abgeschlossene Humanstudie die Ergebnisse der Hohenheimer Modellversuche bestätigt, ergänzt Aschoff.

So kann der Studie zufolge davon ausgegangen werden, dass ein Glas Orangensaft eine sinnvolle Ergänzung zu einer gesunden Ernährung darstellt. Dennoch sollte der hohe Gehalt an Fruchtzucker im Saft nicht außer Acht gelassen werden. Ein Glas Orangensaft von 200 Milliliter enthält etwa 90 Kilokalorien (376 Kilojoule). Das entspricht vom Kaloriengehalt in etwa einem Glas süßer Limonade. Wobei natürlich der Nährwert eines Fruchtsaftes besser ist als der von gesüßten Getränken ohne Vitamine oder andere wertvolle Inhaltsstoffe. Mehr als ein Glas puren Saftes pro Tag sollte es aber trotzdem nicht sein.

In den warmen Sommermonaten bieten sich ohnehin Säfte als Schorle an. Wenn man die Mischung mit einem Drittel Saft und zwei Dritteln Wasser ansetzt, kann man auch verschiedene kleine Saftschorlen am Tag durchgehen lassen.

Direktsaft, Nektar, Konzentrat – eine kleine Saftkunde

Frisch gepresst
So sollte ein Saft nur bezeichnet werden, wenn er frisch aus Früchten gepresst und ohne Zusätze gleich serviert wird.

Fruchtsaft
Unter dieser Bezeichnung dürfen nur Säfte vertrieben werden, die aus reinem Saft bestehen. Der Zusatz von Zucker ist erlaubt, muss jedoch mit Mengenangabe gekennzeichnet sein.

Direktsaft
Diese Bezeichnung nutzen die Hersteller freiwillig. Wie der Name sagt, wird der Saft direkt aus der Frucht gepresst. Damit er länger hält, wird er pasteurisiert. Wird der Saft nicht gefiltert, erhält man einen naturtrüben Saft.

Konzentrat
Bei diesem Verfahren wird in dem Land, wo die Früchte angebaut werden, mehr als die Hälfte des fruchteigenen Wassers entzogen. Dabei entweichen auch Aromastoffe. Diese lassen sich auffangen und aufheben. Das gewonnene Saftkonzentrat wird in der Regel tiefgefroren. Es hat den Vorzug, dass es lange haltbar ist und wegen des reduzierten Volumens günstiger transportiert werden kann. Aus dem Konzentrat wird wieder Saft, indem es mit so viel Wasser vermengt wird, wie ihm zuvor entzogen wurde. Auch die Aromastoffe werden wieder zugeführt, möglichst exakt in der Menge, wie sie im ursprünglichen Saft vorgekommen sind. Säfte aus Konzentrat und Direktsäfte werden als gleichwertig bezeichnet.

Fruchtnektar
Je nach Frucht besteht Nektar zu 25 bis 50 Prozent aus Fruchtsaft. Der Rest wird mit Wasser und Zucker aufgefüllt. Die Höhe des Fruchtsaftanteils wird auf der Flasche oder der Packung angegeben. Der Mindestfruchtgehalt bei Sauerkirschnektar – eine Frucht, deren saurer Saft zum unmittelbaren Genuss nicht geeignet ist – liegt bei 35 Prozent. Für Pfirsichnektar ist ein Mindestgehalt von 50 Prozent Frucht vorgeschrieben. Aus manchen Früchten lässt sich aufgrund ihrer Konsistenz kein Saft, sondern nur Fruchtnektar herstellen, zum Beispiel aus Bananen. Für eine gesunde Ernährung ist Nektar nicht geeignet.

Fruchtsaftgetränk
Der Mindestfruchtsaftgehalt beträgt lediglich sechs Prozent und reicht bis maximal 30 Prozent. Der Rest sind Wasser und Zucker.