Stille und Musik - diese Gegensätze gehören für die britische Komponistin Rebecca Saunders unbedingt zusammen. Das Werk der in Berlin Lebenden gilt als sehr besonders und wird nun mit einem hochkarätigen Preis geehrt.

München - Die britische Komponistin Rebecca Saunders erhält den hochdotierten internationalen Ernst-von-Siemens-Musikpreis 2019. Die 51-Jährige habe beispiellos ihre eigene Klangsprache weiterentwickelt, ihr Werk hinterlasse sichtbare und bedeutende Spuren in der Musikgeschichte der Gegenwart, begründete die im schweizerischen Zug ansässige Ernst-von-Siemens-Musikstiftung ihre Entscheidung am Donnerstag in München.

 

Saunders stammt aus London und lebt in Berlin. Die Auszeichnung soll ihr am 7. Juni bei einem Festakt im Münchner Prinzregententheater verliehen werden und ist mit 250 000 Euro Preisgeld verbunden. Auch junge Komponisten werden an diesem Abend gewürdigt - mit drei Förderpreisen.

Inspiriert von der Stille und von Beckett

Ihre Arbeit sei der Versuch, Klänge aus einer Oberfläche scheinbarer Stille zu lösen und zu formen, formulierte Saunders einmal. Auch die Beziehung zwischen der Bewegung der Musiker und dem erlebten Klang spielen bei ihr eine wichtige Rolle. Viel Inspiration bezieht die Komponistin zudem aus den Schriften Samuel Becketts („Warten auf Godot“). Beim Stuttgarter Musikfestival „Eclat“ waren öfter schon Werke von ihr zu hören.

Die Britin wuchs in einem sehr musikalischen Elternhaus auf, mit vier Klavieren. Sie lernte Violine und komponierte schon als Kind gerne und viel. Später studierte sie bei Nigel Osborne in Edingburgh und bei Wolfgang Rihm in Karlsruhe. Mittlerweile hat sie mehr als 60 Werke geschaffen, darunter „chroma I-XX“, „Yes“, „Void“ und „Still“, oder ihr Bühnenwerk „insideout“, eine choreographierte Installation mit Sasha Waltz. Saunders ist Mitglied der Berliner Akademie der Künste und der Sächsischen Akademie der Künste in Dresden sowie Professorin für Komposition in Hannover.

Ein Rahmen für den Klang

„Stille ist Voraussetzung dafür, dass wir Klang als Musik, als Kunst wahrnehmen. Dass wir uns in das Gehörte versenken und einen anderen Zustand herstellen als den unserer gewöhnlichen Lebenswelt“, schreibt Björn Gottstein, künstlerischer Leiter der Donaueschinger Musiktage, in einem Essay anlässlich der Auszeichnung der Komponistin. Und er zitiert die Musikerin selbst: „Stille ist wie die Leinwand hinter dem Klang“, so Saunders. „Sie rahmt den Klang.“

Der Musikpreis wird seit 1973 verliehen, etwa an den Komponisten Karlheinz Stockhausen (1986), die Geigerin Anne-Sophie Mutter (2008) oder den Dirigenten Mariss Jansons (2013). Dieses Jahr vergibt die Stiftung insgesamt 3,5 Millionen Euro Preis- und Fördergelder für Kompositionsaufträge, aber auch für Projekte in aller Welt.