Bei Merz Gemüse in Fellbach ist jetzt Hochsaison für Freilandsalat – doch Starkregen und dann wieder Trockenheit erfordern jeden Tag andere Entscheidungen.

Fellbach - Starkregen fürchten alle Landwirte, Gemüsebauern ganz besonders. Wenn das Wasser vom Himmel fällt wie in den vergangenen Tage, dann werden die Böden an der Oberfläche schwer und zarte Salatsetzlinge zum Teil sogar ausgeschwemmt. Sie wachsen gar nicht an oder bilden keine so tiefen Wurzeln. Beim Kopfsalat sind die Wurzeln eher flach. Christian Merz hat reihenweise davon auf seinen Feldern zwischen Rommelshausen und Fellbach.

 

Die Brüder Christian und Reiner Merz bauen auf rund 30 Ar Gemüse an, ihre Ware bringen sie auf den Großmarkt. Beim Wetter haben sie schon alles erlebt – extreme Trockenheit, zu viel Regen, Kälte und Frost. Sie führen ihren Betrieb Herbizid-frei, verwenden also keine Unkrautvernichtungsmittel. Kaum ist der Regen dieses Jahr abgeflossen, bilden sich an der Oberfläche schon wieder Risse in der Erde. Ein verrücktes Jahr. Salat muss man dieses Jahr kräftig den Kopf waschen, im wahrsten Sinne des Wortes.

Jede Saison ist eine Herausforderung

Jede Saison ist für Christian Merz eine Herausforderung, er baut den Großteil seiner Ware im Freiland an – mehr als 20 Salatsorten gehören zum Sortiment. Es sind zarte Pflanzen mit fragilen Blättern, sie reagieren schnell auf Wetterextreme. Die Verbraucher schätzen inzwischen zwar die Regionalität und verlangen nach heimischen Produkten – aber sie sind auch sehr anspruchsvoll. Kopfsalat sollte am besten aussehen, als käme er aus dem 3D-Drucker – makellos mit zarten Blättern und auf keinen Fall verschmutzt.

Aber das ist dieses Jahr kaum leistbar. Starkregen zerfetzt oft die bodennahen Blätter bei den Salatköpfen, das ist besonders ärgerlich, wenn sie kurz vor der Ernte stehen. „Wir ernten alle Salate in Handarbeit“, sagt Christian Merz. Er zeig auf lange Reihen mit Kopfsalat. Die Sorte heißt Buttersalat – man sieht den Blättern und dem Salatherz an, wie zart sie sind. Aber die Bodenblätter sind teilweise an- und eingerissen, das kommt vom Regen. Er hat so stark auf die Erde geschlagen, dass sie hoch gespritzt ist und sich auf den Randblättern festgesetzt hat. Nur ein paar Sonnenstrahlen genügen, um die dünne Schlammschicht dort antrocknen zu lassen.

Zu viel Wasser ist auch nicht gut

Zu viel Wasser ist auch nicht gut, die Blätter und Strunke werden dann durchsichtig. Manche Blätter am Boden sind gelb und „lommelig“. Für Christian Merz und seine Mitarbeiter bedeutet all das Mehrarbeit. Schon auf dem Feld versuchen sie, den Salatkopf so zu schneiden, dass die schmutzigen Blätter zurückbleiben. Dort werden jeweils sechs in eine stapelbare Plastikbox gesetzt, deren Boden und Seitenwände gitterartig durchbrochen sind. So kann Luft zirkulieren – und auch Wasser. „Die Verbraucher wollen einwandfrei saubere Ware.“

Christin Merz setzt die „Waschstraße“ für den Salat in Betrieb. Er hebt die Plastikbox auf eine Rollschiene, von oben kommt aus Duschköpfen ein intensiver Wasserstrahl, während unten das Wasser kräftig sprudelt und durch den durchlässigen Boden der Box den Salatkopf von unten säubert und gleichzeitig auch die Ackererde aufweicht und dann abfließen lässt. Ein bisschen sieht die Anlage aus wie ein Whirlpool mit Dusche. Die Wasseruhr läuft derweil auf Hochtouren. Natur und natürlich – aber am besten ohne Mehraufwand in der Küche und bei der Zubereitung, so wünschen es die Verbraucher. Damit werden alle Landwirte konfrontiert.

Salat wird viel nachgefragt

Christian Merz hat sich darauf eingestellt. Auch bei „Blättle-Salat“, Batavia, Eichblattsalat, Eissalat oder Lollo rosso und Radicchio. Die Qualität sei aktuell sehr gut, freut er sich. Wer den Merz’schen „Buttersalat“ probiert hat, will gar nicht glauben, dass es sich dabei um einen Kopfsalat handelt. „Zart im Blatt, schmeichelnd in der Farbe und schmelzend im Geschmack“, hat ihn neulich ein Kunde beschrieben, der Kopfsalat noch kräftig und derb kannte, wie er früher im Gemüsebeet im Garten seiner Mutter gewachsen ist. Die Zeiten sind vorbei.

Salat werde viel nachgefragt, sagt Merz, der dieses Jahr auch Kollegen helfen konnte, bei denen die Felder nach heftigem Regen ausgeschwemmt waren und Hagel die Kulturen zerstört hat. In dieser Hinsicht hatte er Glück. „Wir konnten bei manchen Sorten bis zu 95 Prozent der ausgebrachten Ware ernten“, sagt er. Das bedeute nahezu keinen Verlust. 30 000 Setzlinge bringt er pro Woche auf die Felder – im Moment außer Salat auch den ersten Fenchel. Rosenkohl wird er wahrscheinlich nicht mehr anbauen. Die weiße Fliege habe ihm in der letzten Saison herbe Verluste beschert.

https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.fellbachs-beitrag-zur-bauausstellung-2027-wenn-gewerbe-auf-landwirtschaft-trifft.2faf3d7a-2d95-4273-8f47-bc4960720313.html