Mit dem traditionellen Krautstart hat in Leinfelden-Echterdingen die Spitzkrauternte symbolisch begonnen. Die Köpfchen sind heuer in der Tendenz etwas kleiner, doch die Landwirte haben die Ernte mit Beregnung gerettet. Allerdings: Das hat gekostet.

Mal tröpfelt es, mal kommt ein kräftiger Guss runter, mal hängt lediglich Nebel wie ein feuchter Schleier in der Luft – an diesem Tag ist es jedoch durchgängig nass. Helmut Kizele kann sich lautes Auflachen nicht verkneifen. „Dieses Wetter vor sechs Wochen wäre ein Traum gewesen“, sagt der Echterdinger Landwirt. Mit einem großen scharfen Messer steht der 38-Jährige inmitten von grünen Krautköpfen. Auf knapp zwei Hektar baut die Familie das berühmte Filderspitzkraut an, und an diesem Donnerstag hat mit dem traditionellen Krautstart die Ernte begonnen.

 

Helmut Kizele ist einigermaßen zufrieden. Die Köpfe sind formschön ausgebildet und stehen ordentlich da. Dafür ist jedoch einige Anstrengung notwendig gewesen. Es war zu heiß und zu trocken für das überregional bekannte Filderspitzkraut, das im Stadtgebiet auf insgesamt gut neun Hektar angebaut wird, und dann noch dieser lästige Saharastaub. Das Feld nördlich von Echterdingen, auf dem er gemeinsam mit Vertretern aus den Vereinsringen in der Stadt, aus dem Handel und dem Rathaus am Donnerstag symbolisch die ersten Haible schneidet, habe er dreimal in dieser Saison kräftig beregnen müssen, „weil sonst nichts dastehen würde“. Bereits um Pfingsten herum habe er das erste Mal loslegen müssen – immer nachts, um die Verdunstung möglichst gering zu halten und dem Boden Zeit zu geben, das Wasser in Ruhe einsickern zu lassen, bevor die Sonne wieder herunterbrennt.

Auch mit den Schädlingen habe er seine liebe Not gehabt. Geholfen habe aber unter anderem ein besonderer Kniff: Aus den Erntestreifen, die er zum Befahren der Äcker zwischen den Krautreihen freihalten muss, hat er Blühstreifen gemacht und allerhand bunte Blumen ausgesät, „mit dem Ziel, Nützlinge herzuholen“, erklärt er, etwa Marienkäfer gegen Läuse.

Das Kraut wird etwas teurer werden

Alles in allem werden die Menschen in Leinfelden-Echterdingen und Umgebung in diesem Jahr etwas tiefer für ihr Lieblingsgemüse in die Tasche greifen müssen. Unter anderem die intensive Beregnung habe die Kosten hochgetrieben, sagt Helmut Kizele, außerdem habe die Hitzewelle in ganz Europa zu Ernteausfällen geführt. Allerdings: Die Krautqualität auf den Fildern sei gut, das Gemüse sei saftiger als erwartet.

Wolfgang Haug, der ehrenamtliche Leiter des örtlichen Stadtmuseums, der sogleich mit seinem historischen Hobel loslegt, zeigt zufrieden auf den Saft, der beim Beackern der frischen Haible austritt. „Filder-Superfood“, ruft er entzückt. Die Köpfchen sind in Summe etwas kleiner in diesem Jahr, sagt Helmut Kizele, aber das komme der Kundschaft mitunter entgegen. „Die Oma, die für die ganze Sippschaft kocht, gibt es immer seltener“, erklärt er.

Vorbereitungen fürs Krautfest laufen auf Hochtouren

Mit dem Krautstart ist auch die Vorbereitung aufs traditionelle Krautfest in die heiße Phase gegangen. Zweimal ist die beliebte Großveranstaltung wegen der Pandemie ausgefallen, doch nun sieht es „sehr, sehr gut aus, dass es wieder stattfinden wird, live und in Farbe“, sagt Benjamin Dihm, der Erste Bürgermeister.

Die Veranstalter des Straßenfestes – die Stadtverwaltung, der Vereinsring Echterdingen samt der seit 2017 ausgegliederten Gesellschaft KE Krautfest Echterdingen UG, der Vereinsring Leinfelden, die Dorfgemeinschaft Musberg und die Bürgergemeinschaft Oberaichen – freuen sich sichtlich, dass es endlich wieder losgeht. Und nicht nur sie. „Man merkt, dass die Leute rauswollen“, sagt Dominik Weig, als KE-Geschäftsführer der Hauptorganisator der Veranstaltung.

Weil die Fans des für die Filder so typischen Gemüses zwei Jahre lang darben mussten, hat sich die Stadtverwaltung eine Überraschung ausgedacht. Pünktlich zum Krautfest kommt ein Kartenspiel mit Motiven aus allen Stadtteilen heraus, und dies aus zwei Gründen, wie Angelika Goldak, die Wirtschaftsförderin, erklärt. Zum einen feiert das Deutsche Spielkartenmuseum seinen 40. Geburtstag. Hinzu kommt: „Das Kartenspiel soll nach der Coronazeit die Menschen zusammenbringen.“

Die große Krauthocketse kehrt zurück

Krautfest
Das 44. Krautfest wird nach zweijähriger Pause wieder traditionell am dritten Oktober-Wochenende in Leinfelden-Echterdingen gefeiert, also am 15. und 16. Oktober. Am Freitag zuvor startet die Sause mit diversen Warm-up-Veranstaltungen. Geplant sind übers Wochenende allerhand Vorführungen der Vereine, Bewirtung und Musik, verkaufsoffener Sonntag, Krautkopfheben, Hobel-Wettbewerb und vieles mehr.

Programm
Das komplette Programm soll vom 7. Oktober an in der Kraut-Zeitung im Amtsblatt von Leinfelden-Echterdingen und umliegenden Kommunen veröffentlicht werden.