Er bemalt Sportwagen, Shirts, Sofas, Kreditkarten – Leinwände sowieso. Romulo Kurányi ist nach Brasilien gezogen. Bei einer großen Party feiert der Pop-Artist die Rückkehr ins Dorotheen-Quartier. Die alten Freunde sind mächtig stolz auf ihn.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Mit Schwarz-Weiß-Köpfen im Smiley-Style hat er begonnen. Seine meist sehr schnell gezeichneten Gesichter waren mal lustig, mal traurig, mal nachdenklich. Romulo Kurányi steht für eine ganz eigene Bildsprache, die sich im Laufe der Jahre immer weiter entwickelt. Heute erinnert seine Pop-Art ein klein wenig an die knallbunte Welt von Joan Miró. Je älter der Deutsch-Brasilianer wird, desto farbiger werden seine Werke. Mit Acryl sind sie oft in mehreren Schichten aufgetragen.

 

Großer Ansturm bei der Eröffnung des Kurányi

Auf einem seiner früheren Bilder steht: „I’m trying to be happy, free and me.“ Der Versuch, so scheint es, ist gelungen. Glücklich, frei und ganz bei sich selbst – so erlebt man den 36-Jährigen in der alten Heimat Stuttgart – nach seiner Rückkehr aus Brasilien, wo er sich vor einem Jahr mit seiner Frau und seinen Kindern bei seinem demenzkranken Vater und seiner Mutter niedergelassen hat.

Mit 600 Gästen, einem Querschnitt durch die Vielfalt der Stadt, feiert er seine Rückkehr mit eigenem Pop-up-Store an einer zentralen Stelle der City, gleich gegenüber der Markthalle. Der Ansturm zeigt: Romu ist nicht vergessen. Es kommen so viele, dass die meisten draußen bleiben müssen, weil es drinnen viel zu eng ist.

Im Dorotheen-Quartier mit hoher Laufkundschaft hat er 2022 schon einmal ausgestellt, genau in denselben Räumen, die damals noch Galerie Z hießen. Leerstand ist keine gute Werbung für ein schickes Einkaufsviertel. Nur anderthalb Jahre blieb nach der Pop-up- Galerie Z das Kunsthandelsunternehmen Singulart als regulärer Mieter. Dann stand der Laden vier Monate lang leer. Nun also ist Kurányi zwischen der Gaststätte Nesenbach mit bayerischem Bier und dem Luxus-Taschenhersteller Louis Vuitton aus Paris wieder einmal Mieter einer temporären Fläche zu Sonderkonditionen – für zunächst vier Wochen mit der Option auf Verlängerung.

Speaker Andreas Weihgold mit Romulo Kurányi bei der Eröffnungsfeier im DoQu. Foto: Sahin Media

„Romulo hat sich genial entwickelt“, lobt der Galerist Stefan Zimmermann, „seine Stärke sind sein absoluter Wille, eine gute Kernidee immer weiter zu entfalten.“ Früher hörte der Künstler oft, er sei der kleine Halbbruder des früheren Fußballstars Kevin Kurányi. Dies hört man nur noch selten.

In Stuttgart hat der Jüngere der Familie viel ausprobiert. Manches ist gelungen, manches auch nicht. Unter anderem betrieb er die Edelpizzeria H’ugo’s im City-Gate, genau dort, wo viele Jahre später – wie einst er auch – das Ritzi in die Insolvenz geriet. In Degerloch eröffnete der Deutsch-Brasilianer zwei Eisdielen – doch sein Herz schlug für die Kunst. Sie wurde ihm immer wichtiger – mit viel Energie gab er alles für die Kunst und wurde immer erfolgreicher.

Romulo Kurányi entwirft auch die Designs für T-Shirts des Labels To The Top. Foto: Sahin Media

Schon fünfmal hat der in Brasilien lebende Künstler Pop-ups auf Zeit in Stuttgart betrieben, nun aber eröffnet er ein „Atelier Kurányi“. Dieser Name soll zur Marke werden, ist auch auf T-Shirts zu lesen. In dem Store hat der 36-Jährige „Untermieter“ aufgenommen, also Kooperationspartner, mit denen er zusammenarbeitet. So kann man unter anderem T-Shirts des Sportlabels To The Top kaufen, mit dem die aus Bietigheim-Bissingen stammende Jungunternehmerin Tabea Fischer auf Nachhaltigkeit setzt. Das Design der Shirts stammt von Kurányi. Mit im Laden ist auch die Firma Bretton Woods Digital, die „physisches Gold in die digitale Welt“ überführen will.

Der Künstler ist fast jeden Tag bis 20 Uhr persönlich anwesend

Wo es ihm besser gefällt, in Rio oder in Stuttgart? „Immer da, wo ich gerade bin“, lautet die Antwort. Wenn Kurányi aus Brasilien nach Deutschland zurückkehrt, bringt er oft neue Bilder mit, die er aufgerollt im Flugzeug in Rohren transportiert. Dass sein Name nun so groß im Dorotheen-Quartier prangt, könnte die Marke weiter steigern. Der Standort führt der Kunst ein ganz neues Publikum zu, das niemals eine normale Galerie aufsuchen würde. Doch nun stolpert man herein und wird vielleicht angesteckt von so viel Leidenschaft für die Kunst. Romulo Kurányi ist fast jeden Tag (außer sonntags) bis 20 Uhr anwesend.