Kritische Stimmen zum Austragungsort Ägypten, resignierte Klimaforscher und Experten und die große Frage nach dem 1,5-Grad-Ziel. Die wichtigsten Infos zum Start der Klimakonferenz in Scharm el-Scheich.

Baden-Württemberg: Lea Krug (lkr)

Im ägyptischen Scharm el-Scheich hat am Sonntag die 27. UN-Klimakonferenz (COP27) begonnen. Mit rund anderthalbstündiger Verspätung erklärten der Präsident der vorherigen Weltklimakonferenz 2021 in Glasgow, Alok Sharma, und COP27-Präsident, Sameh Schukri, die Verhandlungen vor dem Konferenzplenum für eröffnet.

 

Bei der Konferenz, die erstmals seit 2016 wieder in Afrika stattfindet, werden 40 000 Teilnehmer erwartet. Auf der COP27 verhandeln Vertreter aus knapp 200 Staaten in Scharm el Scheich zwei Wochen lang darüber, wie der Kampf gegen die Erderhitzung verstärkt werden kann. Die Zeit drängt, denn die vergangenen sieben Jahre waren die wärmsten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Extremwetterereignisse unter anderem in Pakistan, Nigeria und Somalia zeigten zuletzt, welche enormen Schäden und welch tödliche Zerstörungskraft der Klimawandel birgt.

Kann das 1,5-Grad-Ziel gehalten werden?

Die weltweiten Emissionen klimaschädlicher Treibhausgase müssen Forschern zufolge schon bis 2030 um etwa die Hälfte sinken. Anders ist demnach das auf der UN-Klimakonferenz in Paris 2015 gemeinsam vereinbarte Ziel nicht zu erreichen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen im Vergleich zur vorindustriellen Zeit. Nach den gegenwärtig vorgelegten Klimaschutzplänen der Staaten würden sie aber sogar weiter steigen.

Industriestaaten hinken hinterher

Ein weiterer Knackpunkt ist die finanzielle Unterstützung von Entwicklungsländern bei Klimaschutzmaßnahmen und Maßnahmen zur Anpassung an die Erderhitzung. Hierbei hinken die Industriestaaten ebenfalls ihren Versprechen hinterher. 

Zudem sind die Erwartungen groß, dass bei der COP27 endlich auch bereits eintretenden Klimaschäden in den Entwicklungsländern Rechnung getragen wird. Diese bereits eintretenden klimabedingten Verluste und Schäden werden in Scharm el-Scheich unter dem Stichwort „Loss and Damage“ diskutiert.

Außenministerin Annalena Baerbock zeichnet ein bitteres Bild

Zum Auftakt der Verhandlungen sicherten Bundesaußenministerin Annalena Baerbock, der Bundesminister für Wirtschaft und Klima, Robert Habeck (beide Grüne) sowie Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) in einer gemeinsamen Erklärung zu, sich entschieden für Fortschritte bei Klimaschutzmaßnahmen und Klimahilfen für ärmere Länder einzusetzen.

„Die Menschheit steuert auf einen Abgrund zu, auf eine Erwärmung von über 2,5 Grad, mit verheerenden Auswirkungen auf unser Leben auf dem einzigen Planeten, den wir haben“, teilte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am Sonntag mit. Die Welt habe „alle nötigen Instrumente in der Hand, um die Klimakrise zu begrenzen und auf den 1,5-Grad-Pfad zu kommen“. Trotz des russischen Angriffskriegs in der Ukraine dürfe 2022 „kein verlorenes Jahr für den Klimaschutz werden. Für viele Staaten geht es um das Überleben ihrer Bevölkerung und ihrer Kultur“, teilte Baerbock mit den Ministerien für Wirtschaft, Entwicklung und Umwelt mit.

Erwartungen sind gedämpft

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bewertete die Erfolgsaussichten vorab als gering. Auch der renommierte Klimaökonom Ottmar Edenhofer und Klimaforscher Mojib Latif gaben sich vorab resigniert. Latif bezeichnete die bevorstehende Weltklimakonferenz im Kampf gegen den Klimawandel als „nicht zielführend“. Bei dem Treffen würden „keine Durchbrüche erzielt, die ihren Namen wirklich verdienten“, sagte Latif der Mediengruppe Bayern. Er selbst sehe daher keinen Sinn darin, nach Ägypten zu fahren.

Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Luise Amtsberg, forderte vor Beginn der Konferenz die Freilassung politischer Gefangener in Ägypten. „Globale Verantwortung zu übernehmen heißt vor allem auch, Verantwortung für den Schutz von Menschenrechten zu übernehmen. Die Lage der Menschenrechte in Ägypten wird dem jedoch nicht gerecht“, kritisierte Amtsberg, wie das Auswärtige Amt in Berlin am Sonntag mitteilte.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist am Montag und Dienstag in Scharm el-Scheich, wo er unter anderem eine Rede vor dem Konferenzplenum hält.