Die Umgestaltung des Innenhofs gilt als vorbildliches Projekt bürgerschaftlicher Beteiligung.

S-West - Als frisch gebackener Papa war Arne Braun plötzlich viel mehr in seinem Stadtbezirk unterwegs. Der kleine Otto wollte an die frische Luft und so schob Arne Braun den Kinderwagen durchs Viertel. Als er dieses bestens kannte, ging der Vater auf Erkundungstour in die Hinterhöfe. „So hab ich das Rossbollengässle, das direkt auf der anderen Straßenseite unserer damaligen Wohnung liegt, entdeckt“, sagt Braun. „Das war ein riesiger Platz mit einem leer stehenden Haus“, erzählt Braun, damals noch Chefredakteur des Stadtmagazins Lift. Braun wollte nicht, dass dies so bleibt. Der Innenhof wäre ein guter Ort für einen Spielplatz, dachte er sich und verteilte Flugzettel in der Nachbarschaft, um zu sehen, ob die Meinung auch andere teilten.

 

Das alles ist einige Zeit her. Otto ist mittlerweile acht Jahre und Arne Braun ist nicht mehr Chefredakteur, sondern stellvertretender Regierungssprecher im Staatsministerium. Die Familie wohnt noch im Westen, aber nicht mehr am Rossbollengässle und aus dem brachliegenden Innenhof ist ein Aufenthaltsort für die Bürger jeden Alters geworden. Morgen wird die Eröffnung gefeiert.

Es gab Überlegungen, den Hof zu bebauen

2004 war daran noch nicht zu denken. Auf die Flugzettel-Aktion hatten sich 20 Leute gemeldet. Bei einem Treffen wurde Arne Braun zum Sprecher der Initiative gewählt. Sie gingen auf den Bezirksbeirat und Gemeinderatsfraktionen zu. „Wir sind offene Türen eingerannt“, erinnert sich Braun. Das Areal gehört der Stadt, dort dachte man ebenfalls schon darüber nach, was mit dem Gelände anzufangen sei. Es gab durchaus Überlegungen, es mit Neubauten entsprechend zu vermarkten.

Die Initiative wollte dies nicht, ebenso Teile des Gemeinderats. Werner Wölfle, damals noch Fraktionsvorsitzender der Grünen, legte Braun, selbst Mitglied bei den Grünen, nahe, sich für die Bürgerbeteiligung einzusetzen. „Heute ist die Politik des Gehört-Werdens in aller Munde“, so Braun. „Wir haben das damals umgesetzt.“ Die Initiativenmitglieder sprachen oft mit den Nachbarn und Bewohnern des Quartiers und informierten sie über Neuigkeiten. Von 2006 an organisierten sie jeden Sommer ein Fest im Rossbollengässle. Im selben Jahr folgte eine Planungswerkstatt mit Bewohnern, Vertretern von Ämtern, Bezirksbeiräten und den Architekten Martin Bez und Thorsten Kock vom gleichnamigen Büro.

Bei diesem Workshop wurde auch festgelegt, dass das Rossbollengässle kein reiner Kinderspielplatz werden soll, sondern ein Treffpunkt für Bürger jeden Alters. „Der Hof ist öffentlich, aber es soll kein Grill- und Partyplatz sein“, sagt Braun. Das wäre auch nicht im Sinne der direkten Nachbarn – viele von ihnen haben ihre Balkone zum Innenhof hinaus.

Acht Jahre hat es gedauert, das Projekt umzusetzen

Der Bau der Tiefgarage war kein Wunsch der Initiative, die Idee entwickelte sich während der Vorbereitungen für das Parkraummanagement. „Das hat die Gestaltung des Hofs natürlich etwas verzögert, aber es hat gepasst, das als ein gemeinsames Projekt umzusetzen“, so Braun.

Knapp acht Jahre sind vergangen seit der ersten Idee bis zur Eröffnung des Rossbollengässles. Aus Sicht eines Vaters ist das eine lange Zeit. Damals war Otto ein Baby, heute ist er ein Schuljunge. Aus Sicht eines politisch aktiven und engagierten Mannes, der die vorgegebenen Abläufe innerhalb der Verwaltung und der Politik kennt, sind acht Jahre nicht viel für ein Projekt, das in der Summe rund 2,7 Millionen Euro kostet. Mit dem Ergebnis kann nicht nur die Initiative zufrieden sein. „Es gab keine Proteste, keine großen Pannen, keine Bebauung im Hof und das Geld wurde recht schnell genehmigt“, so Braun, „es hat schon eigentlich alles gepasst.“