Im Bohnenviertel erstrahlt ein Juwel: So heißt die neue Cafébar im früheren Drei Mohren. Zur Eröffnung ist das sanierte Haus brechend voll. Gutachter untersuchen jetzt die Fassadenfiguren konservatorisch. Erst danach wird entschieden, was mit ihnen passiert.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Rosa von Praunheim hat ihr ein cineastisches Denkmal gesetzt. „Laura – das Juwel von Stuttgart“, so heißt der dokumentarische Kinofilm, den der Berliner Filmemacher vor acht Jahren über die Wirtin und Stadträtin gedreht hat, die sich gern Mutter aller „queeren Kinder“ nennt. „Wenn Rosa in dem Film mein Alter genannt hätte, wäre er jetzt tot“, sagt die gebürtige Rumänin Laura Halding-Hoppenheit, deren rote Haare für Stuttgart das sind, was Udo Lindenbergs Hut für die Panikrepublik ist: ein Statement.

 

Die Wirtin hat noch weitere Pläne

Der Filmtitel ist nun im Bohnenviertel angekommen. Die neue Cafébar, die in dem wohl schönsten Haus der Pfarrstraße entstanden ist, heißt Juwel – noch aus einem anderen Grund: Nach der Sanierung, findet die Wirtin, ist im früheren Restaurant Drei Mohren mit der 400 Jahre alten Fachwerkfassade fürwahr ein Juwel entstanden. Zur Eröffnungsfeier am Mittwochabend ist es in der neuen Lokalität brechend voll. Wenn Halding-Hoppenheit ruft, ist ein Ansturm garantiert. Ihr Alter verrät sie nicht, aber eines sollen alle wissen: Das neue Juwel werde nicht ihr letztes gastronomisches Projekt in Stuttgart sein, versichert sie in ihrer Begrüßungsrede, während ihre letzten Worte im Beifall untergehen.

Schon vor der Eröffnung hat das sanierte Haus für Emotionen in der Stadt gesorgt: Die SWSG ließ als Eigentümerin die drei Mohren von der Fachwerkfassade der Gaststätte entfernen und lagert das umstrittene Relief seit Monaten ein. Nicht etwa aus politischen Gründen habe man die Figuren vom angestammten Platz genommen, erklärt SWSG-Sprecherin Saskia Bodemer-Stachelski. Vielmehr habe man sie während der Sanierung vor Beschädigungen schützen wollen.

Dass die drei Mohren an die Fassade zurückkehren, glaubt nun selbst Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle (Grüne) nicht mehr, die sich aus Verantwortung vor der Stadtgeschichte dafür eingesetzt hat. Auch sie ist zur Eröffnung gekommen, wo die Meinungen der Gäste weit auseinandergehen, was mit den Figuren der schwarzen Knaben geschehen sollte. An diesem Abend wird mal wieder hitzig darüber gestritten. Das Gerücht geht um, dass es bei dem Relief, das die SWSG lagert, gar nicht um das Original handelt, sondern um ein Duplikat. „Die Kulturverwaltung lässt das Relief derzeit konservatorisch untersuchen“, erklärt ein Rathaussprecher, „sobald die Ergebnisse vorliegen, wird das weitere Vorgehen geprüft.“

Die Meinungen gehen auseinander

Die Figuren sollten mit einer Informationstafel erneut an der Fassade aufgehängt werden, sagt die eine Gruppe, zu der am Eröffnungsabend etwa Hofbräu-Chef Martin Alber, Festwirtin Sonja Merz, Kunsthändler Frank Zimmermann und Kinderhospiz-Botschafterin Christina Semrau gehören. Geschichte dürfe nicht verleugnet werden, hört man bei ihnen. Der Verein, der das Fachwerk in den 70ern vor dem Abriss gerettet hat, als das Haus noch an der Friedrichstraße stand, ehe die Fassade an der Pfarrstraße rekonstruiert worden ist, fordert ebenfalls die Rückkehr der Mohren. „Nicht das Verschwindenlassen oder gar Zerstören“ seien das Gebot der Stunde, „sondern die Aufklärung“, findet der Verein. „Schön, dass diese rassistische Skulptur endlich verschwunden ist“, erklärt hingegen Stadtrat und Festgast Luigi Pantisano – zu seiner Gruppe, die gefühlt bei der Eröffnungsfeier in der Minderheit ist, gehört unter anderen auch die frühere Grünen-Abgeordnete Brigitte Lösch.

Wann eröffnet die Wirtin ihren Kings Club?

Die queere Szene Stuttgarts ist bei der Eröffnungsparty reichlich vertreten, unter anderem feiert CSD-Sprecher Detlef Raasch mit, aber auch Sebastian Weingarten, der scheidende Intendant des Renitenz-Theaters, Varieté-Chef Timo Steinhauer und Frl. Wommy Wonder. Immer wieder wird Laura Halding-Hoppenheit gefragt, wann sie endlich ihren Kings Club wieder öffnet, der seit vier Jahren geschlossen und noch immer nicht saniert ist. Die Wirtin sucht einen Geldgeber, der sie bei der Renovierung finanziell unterstützt. Bilder aus dem KC hängen nun im Juwel, das sich aber nicht nur an ein queeres Publikum richtet. „Alle sind willkommen“, sagt Laura Halding-Hoppenheit, „die Zeiten, da sich die Rainbow-Community verstecken musste und unter sich bleiben wollte, sind zum Glück vorbei.“ Die Vielfalt der Stadt feiert die Eröffnung – damit ist auch die Vielfalt der Meinungen über die drei Mohren da.