In ausgesprochen hitziger Atmosphäre haben Bahn und Projektgegner am Montag über den verkehrspolitischen Sinn des Projekts Stuttgart 21 gestritten. Die Bahn konterte die Grundsatzkritik der Stuttgart-21-Gegner mit einem lapidaren Spruch.

Rems-Murr: Sascha Schmierer (sas)

Stuttgart - In ausgesprochen hitziger Atmosphäre haben Bahn und Projektgegner am Montag über den verkehrspolitischen Sinn des Projekts Stuttgart 21 gestritten. Nach der detaillierten Diskussion um Fachthemen vom Brandschutz bis zur Lärmbelastung in den vergangenen zwei Wochen nutzten die Kritiker den Tagesordnungspunkt der Planrechtfertigung, um das Großprojekt erneut grundsätzlich in Frage zu stellen.

 

Der Bahn als Bauherrin wurde in zahlreichen Redebeiträgen vorgeworfen, mit dem Tiefbahnhof in Stuttgart und der Neubaustrecke in Richtung Ulm einen letztlich verschwindend geringen positiven Effekt zu erreichen. „Das Projekt tut nichts für den Güterverkehr und nichts für den Nahverkehr – außer ihn erheblich zu verteuern“, brachte der von der Schutzgemeinschaft Filder aufgebotene Bahnexperte Sascha Behnsen die Kritik der S-21-Gegner an den Plänen der Bahn auf den Punkt.

Was die Stuttgart-21-Kritiker zu sagen haben

Auslöser der Idee einer neuen Trasse zwischen Stuttgart und Ulm sei vor über zwei Jahrzehnten der Wunsch gewesen, die für schwere Güterzüge einen Kraftakt darstellende Geislinger Steige zu umgehen. Bei der jetzigen Planung bleibe dem Filstal der Warentransport erhalten, die Neubaustrecke scheide wegen der noch größeren Steigungen für den schweren Güterverkehr aus. Außerdem müsse auf der Hochgeschwindigkeitstrasse mit deutlich erhöhten Kosten für Transportunternehmen gerechnet werden – Verkehrsexperte Behnsen sprach von einer um 60 Prozent verteuerten Nutzungsgebühr.

Massive Kritik erhoben Projektgegner auch an den von der Bahn vorgelegten Planungszielen. Der durch den Abbau des Kopfbahnhofs in Stuttgart erwartete Flächengewinn von 25 Hektar in Innenstadtlage habe nichts mit dem verkehrspolitischen Ziel verbesserter Zugverbindungen zu tun. Auch den zwischen Bahn, Bund, Land, Stadt und Region abgeschlossenen Finanzierungsvertrag ließen die S-21-Gegner nicht als Argument gelten – in der Filderhalle war von „Vernebelungstaktik“ die Rede, Frank Distel von der Schutzgemeinschaft Filder sprach von „manipulativen Rechentricks“.

Fahrzeitverkürzungen angezweifelt

Angezweifelt wurden am Montag erneut die von der Bahn versprochenen Fahrzeitverkürzungen. Die kritischen Ingenieure 22 und Bahn-Fahrplanchef Christian Becker warfen sich bei der Diskussion um verpasste Anschlusszüge und die erhoffte Leistungsfähigkeit des Tiefbahnhofs gegenseitig „Rosinenpickerei“ vor. Um den Fernbahnhof am Flughafen und die Fildertrasse zur Anbindung der Gäubahn an den Airport ging es am Montag in Leinfelden-Echterdingen nur noch am Rande.

Während die Erörterung im Kongresszentrum der Landesmesse in den vergangenen zwei Wochen vor einer Geisterkulisse stattgefunden hatte und sich oft nur einige Dutzend Zuhörer in der mit tausend Sitzplätzen bestuhlten Halle verloren hatten, bot sich am Montag in der nur halb so großen Filderhalle ein gänzlich anderes Bild: Mehr als 250 Besucher wollten erleben, wie sich die Bahn bei der Frage nach den Planungszielen von Stuttgart 21 aus der Affäre zieht.

Um so lautstärker war der Protest den die Bahn mit ihrer Sicht der Dinge hervorrief: „Die Diskussion ist doch längst durch. Nach zwei Jahrzehnten Planungszeit müssen Sie doch auch mal einsehen, dass bestimmte Dinge einfach im Rollen sind“, zog sich Bahn-Jurist Peter Schütz den gaballten Unmut der Projektgegner zu.