Penisringe, Liebeskugeln und Bodypainting-Farbe mit Geschmack - im Online-Erotikshop „Schöner lieben“ gibt es alles, was das Liebesleben spannender machen soll. Die besondere Geschäftsidee: Die Inhaber werben mit „christlichen Werten“.
Bielefeld/Dortmund - Auf den ersten Klick sieht alles aus wie in einem herkömmlichen Online-Sexshop: Auf der Website „schoenerlieben.de“ finden sich allerhand Sexspielzeuge sowie Drogerieartikel und Literaturtipps rund um das Thema Erotik. Die Seite ist in roter und weißer Farbe gestaltet, es gibt nur wenige Bilder. Nackte Haut ist darauf nicht zu sehen. Das ist für einen Sexshop dann doch eher ungewöhnlich.
Dahinter steckt ein Konzept, das die Betreiber als einmalig bezeichnen: „Schöner lieben“ sei der bundesweit erste „sinnliche Shop mit christlichen Werten“, sagen die vier jungen Männer aus Bielefeld, die sich nach eigenen Angaben an ähnlichen Konzepten in den Niederlanden und in den USA orientierten. Bei einer Diskussion über mögliche Geschäftsideen habe der Vorschlag zu dem Shop plötzlich im Raum gestanden, erinnern sich die Mitglieder evangelischer Freikirchen.
Alle vier sind um die 30 Jahre alt. Zwei von ihnen sind verheiratet, einer hat eine Freundin, der vierte im Bunde ist Single. Für den weiblichen Blickwinkel holen sich die Männer regelmäßig Tipps von ihren Angebeteten.
Keine Richtlinie für moralisch korrekten Umgang
„Keine Nacktheit, keine Pornografie“, erläutert Timon Rahn, einer der Gründer, die Philosophie. Interessierte sollten sich in Ruhe auf der Seite umsehen, ohne ständig von nackten Frauen abgelenkt zu sein. „Unser Sexshop bietet viel mehr als Dildos“, betont das Team. „Wir wünschen uns, dass unsere Besucher dazu angeregt werden, in ihrer Partnerschaft zu experimentieren, damit der Sex innerhalb der Ehe so spannend und interessant bleibt.“
Treue ist für die Shop-Betreiber nach eigenen Angaben ein wichtiger christlicher Wert, auch wenn „keine Richtlinie für den moralisch korrekten Umgang mit Sexualität“ gegeben werden solle. Viel wichtiger als irgendwelche Hilfsmittel seien für guten Sex zudem Liebe, Vertrauen und eine offene Kommunikation innerhalb der Beziehung. Sex müsse auch innerhalb christlicher Gemeinschaften zu einem offenen Gesprächsthema werden, fordern die vier Männer, von denen einer studiert und drei eine Grafikagentur betreiben.
Etwa hundert Leute besuchen nach ihren Angaben pro Tag den Internet-Shop. Während Freunde und Familien positiv auf das Geschäftsmodell reagiert hätten, habe es zumindest in der früheren christlichen Gemeinde von Mitgründer Gerhard Peters Diskussionen gegeben. Heute ist keiner der vier mehr in einer Gemeinde aktiv. So richtig gut sei die Idee für den Erotikshop dort nirgends angekommen.
In vielen Gemeinden sei das Thema überwiegend Neuland, meint Rahn. „Wir wollen das Thema aus der Schmuddelecke ziehen“, unter anderem mit einem Blog zu Themen wie „Sex und Wechseljahre“ oder „Erogene Zonen“.
Ohne entblößte Brüste
Auch in sozialen Netzwerken präsentiert sich der Sexshop ohne eine Spur von entblößten Brüsten oder Tiger-Tangas. Stattdessen finden sich Bilder von Landschaften und verliebten Paaren. Facebook und Co. taugen ohnehin kaum als Werbeplattform, weil sie die Vermarktung erotischer Inhalte und Produkte verbieten. Deshalb setzt das junge Unternehmen in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts auf Veranstaltungen.
So waren die Gesellschafter beim christlichen Musikfestival „Freakstock“ im vergangenen Jahr mit einem Stand vertreten, an dem viele Menschen stehengeblieben seien. Auch beim Deutschen Evangelischen Kirchentag, der vom 19. bis 23. Juni in Dortmund stattfindet, bewarb sich das Unternehmen um einen Stand auf der „Messe im Markt“. Dort sind mehr als 70 kirchliche, zivilgesellschaftliche und kommerzielle Initiativen im kirchlichen Bereich vertreten, die ihre Projekte oder Produkte präsentieren.
Ihr Profil soll es ihnen laut Kirchentag erlauben, sich mit dem Leitwort und dem Geist der protestantischen Großveranstaltung zu identifizieren. „Was für ein Vertrauen“, lautet die Kirchentags-Losung. Die Sexshop-Gründer erhielten zunächst eine Absage, nach einem Konzeptpapier und einer nochmaligen Prüfung gab es aber schließlich doch grünes Licht für „Schöner lieben“.
Das Thema Sexualität spiele eine große Rolle beim Kirchentag, erklärte dessen Sprecher Stephan von Kolson. In einem eigenen „Zentrum Geschlechterwelten“ geht es unter anderem um das Verhältnis von Sexualität und Religionen. Angeboten werden dort auch eine Podiumsdiskussion unter dem Titel „Schöner kommen. Zur Sexualität von Frauen“ und ein Workshop „Vulven malen“.