An einem geheimen Ort in Untertürkheim wollen Frauen ganz unter sich bei einer Erotik-Night „Lust auf Lust“ machen. Unser Kolumnist Uwe Bogen fragt: Und was ist mit den Männern?

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Pssssst! Streng geheim! Am Freitag, 27. Oktober, 20 Uhr, so stand’s in der Mail, werde es in Untertürkheim einen „spannenden Erotikabend“ geben. Ob ich ihn in der Zeitung ankündigen könne? Die Absenderin bat um Werbung. Und doch machte sie klar: Eine Einladung an mich sei das nicht. Wo das Ganze stattfindet, werde auch nicht verraten. Top secret!

 

Wer unerwünscht ist, muss sich nicht grämen, sofern dies nur an einer oft erwähnten Kleinigkeit liegt. Nur „Ladies“ dürfen zur „Erotiknight“ der Kabarettistin Sabine Schief , wenn sie Expertinnen der weiblichen Sexualität an einem Ort in Untertürkheim versammeln wird, der Männer zum Draußenbleiben verdonnert wie Hunde an der Tür vor dem Metzger.

Der Hund, na klar, würde nichts lieber tun, als drinnen zu den Würstchen vorzudringen. Und wir Männer? Wie wär’s, wenn wir die Chromfronten unserer Autos blank wienern, solange Frauen ohne uns über Fleischesdinge reden? Sie meinen weder Metzgers Sonderangebote noch die Bratenzeit fürs Medium-Steak.

Ihre Besucherinnen sind bis zu 80 Jahre alt

In der geheimgehaltenen Location, deren Adresse erst beim Kauf einer Karte (25 Euro inklusive „erotischem Fingerfood“ über www.easyticket.de/veranstaltung/erotiknight-fuer-ladies/72081) zu erfahren ist,werden vielleicht einige Ladys sein, die für Lustzwecke keinen Mann brauchen. Es gibt andererseits auch Männer, die dabei ohne Frau auskommen.

Und es gibt noch mehr Spielarten, über die man früher entweder nicht geredet oder nichts davon geahnt hat.

Der Nachholbedarf, stellt Sabine Schief fest, wenn sie ihre erotischen Abende veranstaltet, scheint gerade bei Damen im sogenannten reiferen Alter beachtlich zu sein: „Mein Publikum ist bis zu 80 Jahre alt.“ Erfreulich findet sie, dass mit den Jungen meist ältere Frauen im Saal sitzen, die „aufgeschlossen“ Neues entdecken wollten. Die Devise, erklärt die Kabarettistin, lautet: „Einfach mal in erotischen Ecken blinzeln, in die man sich sonst vielleicht nicht zu schauen traut.“

Das biedere Schwabenimage wird korrigiert

Was für Ecken das sind, lässt sich allenfalls ahnen, wenn wir lesen, welche Bühnengäste bei der Ladys Night erwartet werden. Mascha Hülsewig und Alexandra Steinmann sind darunter. Die beiden kennen sich mit „Stauversüßerle“ und anderen Spielsachen für Erwachsene aus. Ihr Erotikgeschäft Frau Blum im Westen, schrieb die „Süddeutsche Zeitung“, helfe, das biedere Schwabenimage nach oben zu korrigieren. Außerdem tanzt an diesem Abend Curly Curvy Burlesque, Kristina Brustik spricht über „Berührungskunst“ und weitere Gästinnen wollen „Lust auf Lust“ machen. Die Gastgeberin Sabine Schief wird über den erotischen Gewinn eines Putzlappens referieren. Es soll Frauen geben, deren Erregungskurve beim Bügeln und Wischen rasant steigt.

Wie bitte? Selbst als Frauenversteher kann ich dies nicht nachempfinden. Je kleiner der Unterschied, desto größer das Unverständnis. Bereits 1975 kam das Buch „Kleiner Unterschied und große Folgen“ von Alice Schwarzer heraus. Worum es darin ging, findet man bei Google. Sexualität, schrieb die Feministin, ist der „Angelpunkt der Frauenfrage“. Sexualität sei „Spiegel und Instrument der Unterdrückung der Frauen“. Hier lägen Unterwerfung, Schuldbewusstsein und Männerfixierung von Frauen verankert.

Späße machen wir dazu nicht

Über vier Jahrzehnte später sind wir vorangekommen. Da trommeln männliche Schreiber für einen Erotik-Abend, an dem sie nix verloren haben. Sollen wir Männer auch so eine Veranstaltung nur für uns machen? Ehrlich, ich kann darauf verzichten, mit anderen Männern über das Eine zu reden. Das geschieht spätpubertär viel zu oft. Wenn’s gut läuft, treffen nach der Untertürkheimer Ladys Night irgendwann wieder Männer auf Frauen.

Und wenn nicht, blättern wir im alten Buch von Alice Schwarzer. Aber nein, Späße machen wir dazu nicht. Der kleine Unterschied möge ewig bleiben!