Der stationäre Erotikhandel tut sich schwer – die Konkurrenz durch das Internet ist übermächtig. Während in Böblingen ein Laden mit Porno-Kino einem Hotel weichen muss, funktionieren modernere Konzepte gut.

Böblingen - Die Schaufenster des kleinen Ladens in der Böblinger Wilhelmstraße lassen keinen Blick ins Innere zu, die Schriftzüge „Erotik“ und „Video-Show“ machen jedoch deutlich, dass es sich um einen Sexshop mit Porno-Kino handelt. Tritt man durch die dicken Vorhänge in den Eingangsbereich, fällt der Blick auf ein buntes Durcheinander verschiedener Sexspielzeuge in den Regalen, die zu 50 Prozent reduziert sind. Denn nach rund 40 Jahren soll der Sexshop schließen – und einem Hotel Platz machen.

 

Die eingeschossige Baracke in der Wilhelmstraße beherbergt einen von insgesamt drei Erotikshops in Böblingen. Gegenüber ist das Einkaufszentrum Mercaden entstanden, die Unterstadt ist in die Höhe gewachsen. „Gut gelaufen ist der Laden – bis auf das Gay-Kino – nicht mehr“, erklärt eine Mitarbeiterin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Zu groß sei die Konkurrenz durch das Internet. Nun hat der Besitzer der Immobilie, der auf Anfragen unserer Zeitung keine Auskünfte geben möchte, das Böblinger Architekturbüro von Michael Hanka mit der Planung für ein sechsstöckiges Hotel anstelle der Baracke beauftragt. Die Stadt Böblingen hat bereits die Baugenehmigung erteilt.

„Die Unterstadt soll zu einem städtischen Quartier mit urbanem Flair und hoher Aufenthaltsqualität, mit gemischter Nutzung und dem Schwerpunkt für großflächigen Einzelhandel weiterentwickelt werden“, erklärt Fabian Strauch, der Sprecher der Stadt Böblingen. In dieses Bild passt der Sexshop nicht. Der Inhaber will nun einen Käufer für die Baracke samt den genehmigten Bauplänen finden. Mit einem weiteren Sexshop in der Sindelfinger Straße ist er ähnlich verfahren. An dessen ehemaligem Standort entsteht ein Mehrfamilienhaus.

Sexshops verschwinden von der Bildfläche

Die Sexshops verschwinden jedoch nicht nur im Kreis Böblingen von der Bildfläche. Der Erotik-Fachhandel tut sich allgemein schwer, mit der Online-Konkurrenz mitzuhalten. „Der Trend ist eindeutig“, sagt der Geschäftsführer des Bundesverbands Erotik-Handel Uwe Kaltenberg. Vor zehn Jahren zählte der Verband noch 350 Mitglieder im stationären Handel und Versand, inzwischen seien es 180. Vor allem der Handel mit Pornografie lohne sich kaum mehr. „Stationäre Läden sind gezwungen zu schließen, weil Pornografie im Internet kostenlos und ohne Jugendschutz verbreitet wird“, erklärt Kaltenberg. „Das ist in Deutschland illegal, aber die Behörden tun nichts dagegen.“

Dass es dennoch möglich ist, mit Erotik im stationären Handel erfolgreich zu sein, beweist beispielsweise die Erotik-Boutique Frau Blum in Stuttgart. Mascha Hülsewig und Alexandra Steinmann haben den Laden vor fünf Jahren mit dem Ziel gegründet, „Erotik in die Mitte der Gesellschaft zu bringen“. Sie wollen weg vom Schmuddel-Image und das Thema Sex in einem anderen Rahmen präsentieren, als man es gewohnt ist. Wer nicht weiß, dass es sich um einen Sexshop handelt, könnte den Laden auf den ersten Blick auch für ein Dessous- oder Accessoire-Geschäft halten. Ein Konzept zum Wohlfühlen, mit dem die beiden Frauen in der Region Stuttgart ein Alleinstellungsmerkmal haben.

Geschäft mit der Lust ist keine Gelddruckmaschine

„Anfangs kamen zu 80 Prozent Frauen zu uns – inzwischen zählen wir ebenso viele Männer zu unseren Kunden“, sagt Mascha Hülsewig. Zwar sei die Konkurrenz durch das Internet auch für sie ein Thema, doch bei Frau Blum schätzen die Kunden die persönliche Beratung.

Eine Gelddruckmaschine ist das Geschäft mit der Lust dennoch nicht. Auch bei Frau Blum müssen sich die Inhaberinnen immer wieder etwas Neues einfallen, um die Kunden anzulocken – zum Beispiel Seminare und Veranstaltungen rund um das Thema Erotik. Das Motto „Sex sells“ stimmt zwar nach wie vor, doch die Verpackung muss für die Kunden heutzutage ebenfalls ansprechend sein.