Wie kam ein US-Boulevardblatt an intime Bilder und Textnachrichten von Amazon-Chef Jeff Bezos? Es gibt nun klare Hinweise auf den Informanten. Der betroffenen Skandalpostille ist das sogar recht.

Seattle - Die anscheinend zu Erpressungszwecken missbrauchten Intimfotos von Amazon-Chef Jeff Bezos soll der Bruder von dessen Geliebter Lauren Sanchez an das Skandalblatt „National Enquirer“ weitergegeben haben. Das berichtet die US-Nachrichtenseite „The Daily Beast“ unter Berufung auf mehrere Quellen innerhalb des „Enquirer“-Verlags American Media Inc. (AMI). Eine weitere Quelle außerhalb des Verlags habe bestätigt, dass Michael Sanchez als Schuldiger ausgemacht worden sei. Die „Washington Post“ hatte den Verdacht bereits vor Tagen auf ihn gelenkt, allerdings wies Michael Sanchez demnach jede Verantwortung zurück.

 

Den Spieß umgedreht

Bezos, der als reichster Mann der Welt gilt, hatte private Ermittlungen eingeleitet, um denjenigen ausfindig zu machen, der die Nacktfotos und intimen Textnachrichten an den „National Enquirer“ weitergegeben hat. Dem Skandalblatt und AMI-Chef David Pecker, einem langjährigen Vertrauten von US-Präsident Donald Trump, warf er Erpressung mit übelsten Methoden vor. Ihm sei ein unredlicher Deal vorgeschlagen worden, damit auf die Veröffentlichung des intimen Materials verzichtet wird. Stattdessen hatte er belastende E-Mails von AMI-Verantwortlichen ins Netz gestellt, um den Spieß umzudrehen und den Verlag angesichts seiner Arbeitsmethoden in Erklärungsnot zu bringen.

Hintergrund ist die Trennung des „Washington Post“-Besitzers von seiner Ehefrau MacKenzie - und sein Verhältnis mit der früheren TV-Moderatorin Sanchez. Das Ehepaar hatte am 9. Januar bekannt gegeben, dass es sich nach 25 Ehejahren scheiden lässt. Der Anwalt von AMI-Chef Pecker, Elkan Abramowitz, wies Bezos’ Erpressungsvorwurf am Sonntag in einem Interview des Nachrichtensenders ABC News zurück. Es habe sich um legitime Verhandlungen zwischen zwei Seiten mit unterschiedlichen Interessen gehandelt.

Nur die kleinere Strafe

Sollte sich bestätigen, dass Michael Sanchez die Quelle der Bilder ist, würde erheblicher Druck vom Verlag American Media genommen, der auf vielerlei Weise Donald Trump unterstützt. So unappetitlich man den Vorgang finden mag, er wäre dann nur die ganz gewöhnliche Schmierigkeit am ganz finsteren Ende des Boulevardjournalismus. Aber der bislang im Raum stehende Verdacht, der „National Enquirer“ könnte sich das Material mit illegalen Abhörmethoden und Cyberdiebstahl besorgt haben, wäre ausgeräumt. Die möglichen Strafen dafür wären weitaus höher und die politischen Folgen weit unkalkulierbarer gewesen.