Der Chef der Staatskanzlei, Klaus-Peter Murawski, hält die Einrichtung einer Erstaufnahmestelle auf dem früheren IBM-Areal in Stuttgart-Vaihingen für möglich. Die Entscheidung soll am Freitag fallen.

Stuttgart - Die Anzeichen verdichten sich, dass auf dem leer stehenden Eiermann-Campus in Vaihingen doch eine Landeserstaufnahmeeinrichtung (Lea) für Flüchtlinge entstehen wird. Der Chef der Stuttgarter Staatskanzlei, Klaus-Peter Murawski (Grüne), sagte gegenüber der Stuttgarter Zeitung nach einer Begehung des Areals mit Vertretern des Finanzministeriums, des Integrationsministeriums und des Hauptgläubigers des in Konkurs gegangenen Eigentümers, halte er persönlich eine solche Nutzung der unter Denkmalschutz stehenden Bürogebäude für möglich. „Die Bausubstanz ist besser als erwartet“, so Murawski. Allerdings müssten die Großraumbüros in kleinere Einheiten aufgeteilt und sanitäre Anlagen eingebaut werden: „Ganz billig wird das sicher nicht.“ Am heutigen Freitag soll eine Entscheidung in der Sitzung der Lenkungsgruppe Flüchtlinge der Landesregierung fallen.

 

Der Staatssekretär verwies darauf, dass in deutlich kleinere Kommunen wie etwa Meßstetten (Zollernalbkreis) und Ellwangen (Ostalbkreis) bereits Landeserstaufnahmeeinrichtungen eröffnet wurden. Dort stelle man sich natürlich die Frage, warum es eine entsprechende Anlaufstelle zur Registrierung von Flüchtlingen nicht auch in der Landeshauptstadt gebe.

Bürgermeister Föll hat Bedenken gegen die Nutzung

Stuttgarts Erster Bürgermeister Michael Föll (CDU) hatte dagegen erst vor wenigen Tagen erklärt, aus seiner Sicht komme das frühere IBM-Areal aus mehreren Gründen nicht für eine Lea in Frage. Der bauliche Zustand sei so schlecht, dass die Gebäude zunächst saniert und umgebaut werden müssten; so funktioniere die Heizung nicht, auch seien die sanitären Anlagen ungenügend. Hinzu kämen baurechtliche Probleme und der Brandschutz. Zudem wäre dies eine Abkehr von der bisherigen Position der Stadt, Flüchtlinge möglichst dezentral und in kleinen Einheiten auf die Stadt zu verteilen.

Die SÖS-Linke-Plus im Gemeinderat plädiert für eine Erstaufnahmestelle in Vaihingen und wirft Föll „Uninformiertheit“ vor. Eine Lea sei keine reguläre Flüchtlingsunterkunft, sondern eine Anlaufstelle für Asylsuchende, wo ihre Daten erfasst würden und sie ihren Asylantrag stellen könnten. Der Aufenthalt in einer Landeserstaufnahmestelle sei in der Regel auf drei Monate begrenzt, danach würden die Flüchtlinge auf die Landkreise und Kommunen verteilt.

Land und Bund einigen sich auf schnellere Registrierung

Unterdessen sollen nach Angaben von Klaus-Peter Murawski bürokratische Hemmnisse bei der Registrierung von Flüchtlingen rasch beseitigt werden. Nach Gesprächen zwischen Bund und Ländern sei man sich einig, dass künftig auch mobile Teams der Bundespolizei Flüchtlinge dort, wo sie zunächst untergebracht werden, registrieren können. Die Registrierung soll künftig ausschließlich durch Beamte der Bundespolizei erfolgen, damit die Daten zentral erfasst werden könnten. Auf diese Datei hat die den Ländern unterstellte Polizei keinen Zugriff, was eine rasche Erfassung der Asylsuchenden erschwert habe.

Sollte der Strom der Flüchtlinge anhalten, will Murawski auch nicht ausschließen, dass leer stehende Kasernengelände – etwa in Sigmaringen oder Heidelberg – als Notunterkünfte stärker genutzt werden müssen, als dies bislang der Fall ist. Zugleich verwies er darauf, dass die grün-rote Landesregierung seit Amtsantritt die Zahl der Unterkunftsplätze im Südwesten von 900 auf 19 000 gesteigert habe und damit im Bundesvergleich an der Spitze stehe. Baden-Württemberg ist zurzeit nach Bayern das Bundesland, in dem die meisten Flüchtlinge stranden.