Das Umweltgutachten zum Bau einer Landeserstaufnahmestelle auf dem Schanzacker im Kreis Ludwigsburg liegt vor. Der Bürgerinitiative fehlen darin wichtige Aspekte.

Ludwigsburg : Anna-Sophie Kächele (ask)

Das Umweltgutachten ist ein weiterer Schritt in Richtung Entscheidung, ob die Landesregierung den Bau einer Landeserstaufnahmestelle (Lea) auf dem Schanzacker weiter vorantreibt oder nicht. Mit dem Gutachten soll geprüft werden, ob streng geschützte Arten durch die Bebauung erheblich gestört, verletzt oder getötet werden.

 

Es ist nur ein Schritt von vielen – der den Ausgang des Prozesses aber maßgeblich hätte beeinflussen können. Die Liste an Beispielen, in denen seltene Molch-, Fledermaus- oder Käferarten Bauprojekte verzögert oder sogar gestoppt haben, ist lang. Dementsprechend viele Menschen haben auf die Veröffentlichung gewartet, zumal das Dokument seit Anfang April vorliegt. Im Februar 2024 hatte das Land berichtet, das Gutachten in Auftrag zu geben. Dafür setzte die Regierung ein Jahr an – am Mittwoch veröffentlichte das Justizministerium das Dokument.

Das Ergebnis: Aus ökologischer Sicht ist eine Bebauung grundsätzlich möglich. Es müssten jedoch gewisse Maßnahmen zum Schutz mehrerer Vogelarten sowie von Fledermäusen und Reptilien umgesetzt werden.

Schanzacker: Ausgleichsflächen für Feldlerche und Eidechse

Bei den Begehungen wurden 18 Vogelarten gesichtet – darunter die streng gefährdete Feldlerche, der auf der Vorwarnliste stehende Feldsperling, die Gartengrasmücke, Stare und Steinkäuze. Bei einem Bau müssten Ausgleichsflächen für die Feldlerchen und Mauereidechsen geschaffen werden. Für die Reptilien, die entlang der Bahngleise in Totholz-, Stein- und Sandhaufen leben, ist die Vorgabe: eine Fläche zwischen knapp 2000 und 4000 Quadratmetern.

Darüber hinaus gibt es noch einige andere Notwendigkeiten: Die Vorbereitung des Baugrundstücks müsste außerhalb der Vogelbrutzeit stattfinden, das bedeutet Anfang Oktober bis Ende Februar, die Beleuchtung sollte insektenfreundlich sein, es müssten blütenreiche Flächen geschaffen und Vogelnistkästen angebracht werden.

Der Schanzacker liegt am südwestlichen Rand der Gemarkung Ludwigsburg und grenzt nördlich an Tamm sowie südlich und westlich an Asperg an. Foto: Werner Kuhnle

Die Bürgermeister von Tamm, Asperg und Ludwigsburg haben am Mittwoch mit der CDU-Justizministerin Marion Gentges in einer Videokonferenz über das Gutachten gesprochen. Es habe einen konstruktiven Austausch gegeben, sagt der Asperger Bürgermeister Christian Eiberger. Dennoch: Die Fläche Schanzacker weise laut einer Presseerklärung der Kommunen weiterhin zahlreiche Hürden auf. Die Nutzung als Erstaufnahmeeinrichtung sei mit erheblichen Herausforderungen verbunden.

Martin Bernhard, Bürgermeister von Tamm (links), und Christian Eiberger, Bürgermeister von Asperg, lehnen den Bau einer Lea ab.  Foto: Werner Kuhnle

Der Tammer Bürgermeister Martin Bernhard stellt klar: „Die Pläne des Landes, weiterhin eine Lea auf dem Schanzacker zu errichten, haben mich überrascht und besorgen mich weiter.“ Auch sein Kollege aus Asperg unterstrich: „Wir sehen die Fläche Schanzacker weiterhin als ungeeignet für eine Erstaufnahmeeinrichtung an und werden uns weiterhin konstruktiv für die Interessen unserer Bürgerinnen und Bürger einsetzen.“

Bürgerinitiative kritisiert mangelnde Transparenz

Die Bürgerinitiative „Gemeinsam gegen Lea Tamm-Asperg“ (GGLTA) hatte im Voraus einen Antrag auf Akteneinsicht beim Ministerium gestellt – die Frist wäre am Donnerstag abgelaufen. „Die Veröffentlichung ist also mitnichten ein Ausdruck von Transparenz, sondern erfolgte nur und ausschließlich auf der Grundlage einer gesetzlichen Verpflichtung dazu“, heißt es in einer Pressemitteilung der GGLTA. Die BI kritisiert zudem, dass das Gespräch mit Ministerin Gentges nicht öffentlich stattgefunden habe.

Das erstellte Gutachten sei, anders als es der Titel vermuten lässt, kein Umweltgutachten, sondern ein Gutachten zum Artenschutz – der BI fehlt eine Untersuchung der Wasservorkommen und der Auswirkungen auf die Landwirtschaft. Bei den Begehungen für das Gutachten wurde festgestellt, dass Vögel, Fledermäuse, Reptilien und Falter betroffen sein können. „Dass die Landesregierung dennoch unverändert an den Planungen für eine Lea Schanzacker festhalten möchte, ist aus der Sicht der BI ein Skandal“, so die Bürgerinitiative.

Nächster Schritt: Untersuchung der Raumordnung

In der Landeserstaufnahmestelle sollen – sofern sie gebaut wird – bis zu 2500 Menschen unterkommen. Das 22 Hektar große Gebiet ist als regionaler Grünzug ausgeschrieben und wird bisher als Ackerfläche genutzt. Die Landwirte haben einen Pachtvertrag. Vorläufig für die Lea geplant sind 17 Gebäude, die zur Betreuung, Verpflegung, Verwaltung, zum Katastrophenschutz, Wohnen und zur sonstigen Nutzung gedacht sind.

Wie geht es nun weiter? Ob sich der Standort für eine Erstaufnahme von Geflüchteten eignet, wird weiter geprüft. Nächster Schritt: die Untersuchung der bauplanungs- und raumordnungsrechtlichen Situation. Wann diese Prüfung abgeschlossen ist, kann derzeit noch nicht abgeschätzt werden. Kommunen und BI hatten im Voraus Zweifel an einer baurechtlichen Zulässigkeit geäußert.