Das Land plant eine Erstaufnahmestelle für Asylbewerber im ehemaligen Regionalzentrum des Energieversorgers. Ob daraus wirklich etwas wird, ist laut dem Integrationsministerium aber noch ebenso offen wie in Herrenberg und Schwieberdingen.

Ludwigsburg - Solche Konstellationen haben Seltenheitswert: Wenn bekannt wird, dass das Land irgendwo im Südwesten eine Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge – Größenordnung: meist 500 oder weit mehr Menschen – plant, stößt das in den jeweiligen Orten oft auf Skepsis, mitunter sogar auf Ablehnung. Nicht so in Ludwigsburg. „Das war eine tolle Diskussion im Gemeinderat“, bilanziert der Sozialbürgermeister Konrad Seigfried die Sitzung am Mittwochabend. Die Räte hätten neun Standorte für die vorläufige und für die Anschlussunterbringung (siehe Kasten) befürwortet – und auch die Notwendigkeit der jetzt geplanten Landeserstaufnahmestelle (Lea) gesehen.

 

Das Integrationsministerium will – offenbar so schnell wie möglich, spätestens im März – im ehemaligen Regionalzentrum der EnBW in der Hoferstraße in Ludwigsburg eine solche Lea einrichten. Zurzeit gehört das Gebäude noch dem Energieversorger. Der will aber verkaufen, ein Investor soll die Räumlichkeiten dann weitervermarkten. „Das Bürogebäude ist offenbar für die Unterbringung von bis zu 500 Flüchtlingen geeignet“, sagt Christoph Häring, ein Sprecher des Integrationsministeriums. „Wir befinden uns noch in Mietvertragsverhandlungen.“

Auch Schwieberdingen bleibt Thema

Ähnlich sieht es laut dem Sprecher auch mit den diskutierten Lea-Standorten in Schwieberdingen und Herrenberg (Kreis Böblingen) aus. In Schwieberdingen soll ein ehemaliges Möbelhaus im Gewerbegebiet, unweit von Bosch, möglicherweise Platz für bis zu 500 Menschen bieten. Inzwischen gilt es aber als unwahrscheinlich, dass die Einrichtung wirklich kommt. Die Gemeinde hat zahlreiche Einwände vorgebracht, etwa bei den Themen Brandschutz und Sicherheit – immerhin liegen mehrere Logistikunternehmen, die von Schwerlastern angefahren werden, in unmittelbarer Nachbarschaft. Ein offizielles Aus für das Projekt hat das Ministerium allerdings noch nicht verkündet. Die Steuerungsgruppe der Behörde habe kürzlich getagt: „Noch ist nichts entschieden“, sagt Häring.

In Herrenberg ist der Sachstand offenbar ähnlich wie in Ludwigsburg. Hier könnte in einem ehemaligen Schulungsgebäude der Firma IBM eine Lea-Außenstelle entstehen – für maximal 1000 Menschen, wie die Stadt bereits gefordert hat. Doch auch hier seien die Vertragsdetails noch nicht ausgehandelt, sagt der Sprecher. Sein Ministerium befinde sich derzeit „in vielversprechenden Kaufverhandlungen“.

„Wir haben keinerlei Erfahrung“

Bei der Ludwigsburger Stadtverwaltung schlagen angesichts des Vorhaben des Landes „zwei Seelen in unserer Brust“, sagt der Sozialbürgermeister Konrad Seigfried. Er sehe einerseits das Problem der Erstunterkünfte in Meßstetten, Karlsruhe oder Ellwangen, deren insgesamt mehr als 11 000 Plätze nicht ausreichten, um dem großen Bedarf gerecht zu werden. Andererseits sagt Seigfried auch: „So etwas kann eine Belastung für eine Stadt sein.“ Da die Menschen in den Erstunterkünften nur rund sechs Wochen bleiben, um hinterher in die Folgeunterbringung verlegt zu werden, „haben wir keine Möglichkeiten, für die Integration aktiv zu werden“.

Bisher habe sich bei den Unterkünften des Landkreises im Ludwigsburger Stadtgebiet, etwa in Sporthallen, „gezeigt, dass solche Unterbringungen nicht mit Auffälligkeiten einhergehen“. Eine Lea sei aber eine andere Sache, „wir sind da noch völlig ohne Erfahrung“, sagt Seigfried.

Behördliche Stationen von Flüchtlingen

Erstaufnahme
: Sobald Flüchtlinge nach Deutschland kommen, werden sie in den Bundesländern in Erstaufnahmestellen untergebracht. In diesen meist großen Einrichtungen werden die Menschen untersucht und können Asylanträge stellen. Sie bleiben maximal drei Monate.

Vorläufige Unterbringung
: Die nächste Station für Asylbewerber ist die vorläufige Unterbringung, für die die Kreise zuständig sind. Die Menschen bleiben meist in den Gemeinschaftsunterkünften, bis über ihren Asylantrag oder ihr Aufenthaltsrecht entschieden wurde – längstens aber 24 Monate.

Folgeunterbringung
: Die letzte Station in Deutschland sind Folgeunterkünfte. Die Städte und Gemeinden sind dafür zuständig, die Flüchtlinge, wenn (oder bis) sie geduldet sind oder Asyl bekommen, unterzubringen. Diese Wohnform kann in ein dauerhaftes Mietverhältnis münden.