Was tun im Notfall? Ein Ersthelfer-Kurs des Deutschen Roten Kreuzes wendet sich speziell an Senioren. Viele rufen bei Anzeichen eines Schalganfalls oder eines Herzinfarkts zu spät den Notarzt. Dabei zählt jede Minute.

Stuttgart - Wer bewusstlos ist, kann trotzdem am eigenen Erbrochenen ersticken. So lautet eine der Lehren aus dem Erste-Hilfe-Kurs für Senioren im Henry-Dunant-Haus des Stuttgarter Deutschen Roten Kreuzes (DRK). „Leider ist das Einzige, was bei einem Bewusstlosen noch funktioniert, sein Brechreiz“, erklärt die Kursleiterin Karin Wicher-Mersch. Daher sei es besonders wichtig, den Verletzten auf die Seite zu legen und den Kopf zu überstrecken, um so einen Erstickungstod durch Speichel, Blut oder Erbrochenes zu verhindern. Sechs Senioren sind zu dem zweieinhalbstündigen Kurs gekommen. Auch wenn es – eher unüblich für einen Ersthelfer-Kurs – Kaffee und Kuchen gibt, geht es hier nicht ums gemütliche Beisammensein. Beim Seniorenkurs wird richtig angepackt, geübt und getestet.

 

Klein ist die Gruppe, sechs Senioren lauschen gespannt und notieren, was Karin Wicher-Mersch berichtet. Die ehrenamtliche Mitarbeiterin des DRK Stuttgart, übrigens selbst Seniorin, kennt sich mit Erster Hilfe und den typischen Notsituationen ihrer Kursteilnehmer bestens aus. Nachdem sie die stabile Seitenlage in der Theorie erklärt hat, wird die Praxis geübt. Auf zwei Matten können die Teilnehmer miteinander die vier wichtigen Handgriffe trainieren. Wicher-Mersch beäugt jede Bewegung kritisch und beurteilt das Ergebnis. Obwohl es sich bei diesen lebensrettenden Sofortmaßnahmen um ein ernstes Thema handelt, haben die Teilnehmer Spaß. Karin Wicher-Mersch scheut sich nicht vor rustikalen Witzen. Wer sich zu fein sei, einem Bewusstlosen Erbrochenes mit dem eigenen Finger aus dem Mund zu holen der könne doch auf „das gute alte Stofftaschentuch“ zurückgreifen.

Viele rufen zu spät den Notarzt

Mit den Kursen wolle man den Rentnern die Angst nehmen, zu helfen, sagt Helmut Gentner, Kreisausbildungsleiter beim DRK Stuttgart. „Viele rufen bei Verdacht auf einen Schlaganfall oder Herzinfarkt zu spät an oder verschieben den Arztbesuch auf den nächsten Tag“, sagt Gentner. Dabei zähle besonders bei diesen Notfällen jede Minute. Denn je schneller beispielsweise ein Schlaganfallpatient fachgerecht versorgt werde, desto größer sei die Chance, dass er ohne bleibende Schäden überlebe. Für diese Situationen wolle man beim Erste-Hilfe-Kurs für Senioren sensibilisieren. Auch Verletzungen wie tiefe Wunden werden im Kurs thematisiert. „Ich habe immer ein Paar sterile Einweghandschuhe in meiner Tasche“, erklärt Karin Wicher-Mersch. Damit könne man offene Wunden erstversorgen, ohne dass ein Infektionsrisiko für den Verwundeten oder den Behandelnden bestehe. Als nächstes wird am am lebenden Objekt der klassische Druckverband trainiert.

Ganga Murthy (65) hat sich für den Kurs speziell für Senioren entschieden: „Ich hatte zuvor noch nie einen Erste-Hilfe-Kurs gemacht und habe mich gleich angemeldet, als ich davon gelesen habe.“ Sorgfältig legt sie den Druckverband an und versorgt den vorgeblich verletzten Unterarm ihres Gegenübers. Nachdem Karin Wicher-Mersch das Ergebnis kontrolliert und dazu geraten hat, etwas Druck vom Arm zu nehmen, sitzt der Verband perfekt. Auch die anderen Teilnehmer beäugen kritisch ihre Werke. „Nach mehreren Jahren lohnt sich eine Auffrischung des Wissens in jedem Fall“, betont Karin Wicher-Mersch. Nach mehreren Jahrzehnten vermutlich umso mehr.