Eine Kinderkrankenschwester und ein Feuerwehrmann bieten in Filderstadt Erste-Hilfe-Kurse für Eltern und Großeltern an. Sie zeigen auf, wo für Kinder Gefahren lauern und wie man im Notfall reagiert.

Filderstadt - Sie flitzen mit dem Laufrad über die Straße, klettern auf Bäume, von denen sie kaum mehr runterkommen, und sie müssen testen, ob die Milch auf dem Herd auch wirklich so heiß ist, wie Mama sagt. Wenn Kinder die Welt entdecken, machen sie manchmal schmerzhafte Erfahrungen. Doch was tun, wenn das eigene Kind zu ersticken droht oder stark blutet? Viele Eltern und Großeltern sind damit schnell überfordert.

 

Wie sie Kindern im Notfall helfen und Ruhe bewahren können wollen die Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin Melanie Feucht und ihr Mann Stefan Feucht, der Berufsfeuerwehrmann ist und Erfahrung in der Notfallrettung hat, vermitteln. Unter dem Namen „Neschdhogger“, bieten sie in ihren Räumlichkeiten in Filderstadt-Bernhausen neben Babyturnen und Babymassage auch Erste-Hilfe-Kurse für Eltern und Großeltern an. „Wir wollen zum einen Handgriffe und Hintergründe von Unfällen und Krankheitsbilder im Kindesalter erklären, damit man im Notfall Ruhe bewahrt, und zum anderen auch präventiv auf Gefahren hinweisen“, sagt er.

Die Reanimation wird an einer Puppe geübt

Manche Kinder kletterten mit dem Fahrradhelm auf dem Kopf auf einen Baum, und die Eltern seien im Glauben, dadurch sei das Kind geschützt. Das Gegenteil sei jedoch der Fall. „Der Radhelm öffnet sich nicht bei einem Sturz. Das heißt, wenn das Kind vom Baum fällt und an einem Ast hängen bleibt, kann es sich mit dem Helmgurt strangulieren“, sagt der 40-Jährige. „Am besten betrachtet man seine Wohnung mal von unten, aus dem Blickwinkel eines kleinen Kindes. Dann fallen einem auch schon viele Sachen auf, die für die Kleinen zur Gefahr werden können“, sagt Stefan Feucht.

Obwohl er in seinem Beruf schon einige Unfälle bei Kindern gesehen und erlebt hat, sei es bei den eigenen Kindern ganz anders, sagt der zweifache Vater. Da falle es auch ihm manchmal schwer, bei Notfällen Ruhe zu bewahren. „Man muss sich auch nicht schämen, wenn Unfälle passieren“, sagt Stefan Feucht. Das bedeute nicht gleich, dass man alles falsch macht. Auch die Reanimation wird im Kurs behandelt. Es komme zwar äußerst selten vor, dass man ein junges, gesundes Kind reanimieren müsse, ist sich das Ehepaar einig, aber alles, was man schon mal probiert habe, wende man im Notfall viel eher an. Deshalb üben die Eltern und Großeltern in den Kursen an einer Reanimationspuppe. Das Ziel ist: ihnen die Scheu davor zu nehmen. Wie man reagiert, wenn das Kind etwas verschluckt hat, kann man ebenfalls an der Übungspuppe testen.

Wann wird ein Husten gefährlich?

„Die Teilnehmer können auch ihre eigenen Anliegen und Fragen einbringen, wir richten die Themen auch nach dem Interesse der Eltern oder Großeltern“, so Feucht. Oft entstünden auch lustige Gespräche, wenn etwa die Großeltern bis dato im Glauben gewesen seien, Fencheltee sei das Allheilmittel, erzählt Stefan Feucht.

Wie man bei Stürzen oder Atemnot reagiert, schnelle Abhilfe bei Bienenstichen schafft, wie man Schürfwunden richtig behandelt, Zecken entfernt oder einen Druckverband anlegt, all das wird den Teilnehmern beschrieben und gezeigt. Auch diverse Kinderkrankheiten wie Pseudokrupp und geeignete Hausmittel sind ein Thema. Wann ein Husten gefährlich wird und wann man mit seinem Schützling besser in die Klinik gehen oder den Notruf wählen sollte, zeigen die Kinderkrankenpflegerin und der Berufsfeuerwehrmann auf. Obendrein gibt es Tipps, wie man sich am Telefon bei einem Notruf am besten verhält oder bei der Ankunft in der Notfallklinik.

Wegen Corona eineinhalb Jahre pausiert

Melanie Feucht startete im Jahr 2017 mit ihren Eltern-Kind-Kursen. „Es war schon immer ein Traum von mir, für Eltern Kurse anbieten zu können“, sagt die 37-Jährige. Dieser Traum erfüllte sich, als sie in Filderstadt das passende Haus mit den passenden Räumlichkeiten fanden. Die Einliegerwohnung wurde eigenhändig umgebaut und babytauglich gemacht. Wichtig ist der zweifachen Mutter, dass sich nicht nur die Babys sondern auch die Eltern wohlfühlen, daher gibt es ein Rundum-Paket mit Kaffee, Getränken, Handtücher und Wickel-Utensilien, das bei allen Kursen inklusive ist.

Die Anfrage sei groß gewesen, rund zehn Kurse bot sie damals an. Doch die Coronapandemie bremste sie aus. Anderthalb Jahre mussten die Neschdhogger-Kurse pausieren. Seit vergangenem September bietet sie wieder Babyturnen und Babymassage unter der 2G-plus-Regelung an. „Corona hat mich viele schlaflose Nächte gekostet“, sagt die Kinderkrankenschwester. „Ich könnte mir nicht verzeihen, wenn hier eine Mama an Corona erkranken würde.“ Daher hat die 37-Jährige kurzerhand ein Corona-Testzentrum eröffnet, damit sich die Mütter vor den Kursen vor Ort testen lassen können.

Die Erste-Hilfe-Kurse finden aus Vorsichtsmaßnahmen aktuell noch nicht statt. Sie hoffen aber, im Frühjahr wieder damit starten zu können. „Durch Corona und die damit verbundenen Maßnahmen ist zwar alles etwas anstrengender geworden, aber ich bin so froh, dass überhaupt wieder Kurse stattfinden können“, sagt Melanie Feucht.

Weitere Informationen finden Sie unter: www.neschdhogger.de.