Wer tritt die Nachfolge von Michael Föll an? Die CDU hat ihre Wunschkandidaten, doch die anderen Parteien funken dazwischen.

Stuttgart - Stuttgarts Erster Bürgermeister Michael Föll (CDU) räumt Ende Februar sein repräsentatives OB-Stellvertreter-Büro im ersten Stock des Rathauses und zieht ins Kultusministerium um, wo er als Amtsleiter tätig sein wird. Wer es sich künftig auf der schwarzen Ledercouch gemütlich machen darf, ist dagegen noch nicht ausgemacht – obwohl CDU-Fraktionschef Alexander Kotz und der Kreisverbandsvorsitzende Stefan Kaufmann das Vorschlagsrecht für sich reklamieren und vorschlagen, ihrem Parteifreund Fabian Mayer eine räumliche und finanzielle Verbesserung zu gewähren. Mayer selbst stellt in seiner Funktion als Verwaltungsbürgermeister allerdings klar: „Die Gemeindeordnung enthält keine ausdrückliche Regelung über ein Vorschlagsrecht für die Wahl des Ersten Bürgermeisters.“ Dem Gemeinderat stehe es frei, sich – wie bei der Wahl normaler Beigeordneter – „an den Grundsätzen der Spiegelbildlichkeit“ zu halten. Konkret: Die Bürgermeisterbank solle entsprechend der Mehrheitsverhältnisse im Gemeinderat besetzt werden. Das kann aber kein genaues Abbild sein, da die Bürgermeister auf acht Jahre gewählt werden, Kommunalwahlen aber alle fünf Jahre stattfinden.

 

Kuhn führt Gespräche

Relativ klar ist deshalb gegenwärtig nur, dass auf Föll der CDU-Stadtrat Thomas Fuhrmann als Finanzbürgermeister folgen wird; dieses Vorschlagsrecht ist unstrittig. Aber schon beim Zuschnitt des Geschäftskreises – für Föll war ein Super-Referat gebildet worden, das zuletzt noch um das Klinikum ergänzt wurde – gibt es unterschiedliche Vorstellungen. SPD und SÖS/Linke-plus wollen dem Thema Wohnen, Bauen, Planen und Mieterschutz eine größere Bedeutung beimessen und es deshalb mit der Liegenschaftsverwaltung verknüpfen. Das könnte in einem neuen Ressort mit einem weiteren Bürgermeister geschehen.

Grünen-Fraktionschefin Anna Deparnay-Grunenberg stellt sich wiederum vor, neben „Wohnen“ auch „Grüne Infrastruktur neu zu gewichten“. OB Fritz Kuhn (ebenfalls Grüne) führt derzeit Gespräche mit den Fraktionen. Und die Stadträte verhandeln ebenfalls über Zuschnitte, zuletzt in Hamburg beim gemeinsamen Ausflug.

So kurz vor der Kommunalwahl im Mai 2019 und in Anbetracht der Debatte um geänderte Geschäftskreise verwundert es nicht, dass der CDU der Erste Bürgermeister streitig gemacht wird. Die Grünen erkennen keinen Automatismus. Es hat die Grünen-Chefin Deparnay-Grunenberg geärgert, dass der politische Gegner die Nachbesetzung als selbstverständlich voraussetzt. Nicht einmal der Parteifreund und OB Fritz Kuhn habe ein Wörtchen mitreden dürfen.

SÖS-Linke/plus plädiert für FDP-Frau

Auch SPD-Fraktionschef Martin Körner sieht „den Ersten Bürgermeister nicht automatisch bei Fabian Mayer“. Er findet, die CDU „mutet uns derzeit viel zu und zwingt uns kurz vor der Wahl mit unklarem Ausgang zu Vereinbarungen, die für viele Jahre Bestand haben werden“. Sach- und Personalentscheidungen müssten gut überlegt sein. Körner sieht Verhandlungsmasse und geht davon aus, dass auch der SPD-Beigeordnete Dirk Thürnau einen respektablen OB-Stellvertreter abgeben würde; zumal der Technik-Chef der dienstälteste Bürgermeister ist. Er ist noch länger dabei, als der an Lebensjahren ältere Martin Schairer, der in der CDU hinter Neuling Fabian Mayer gehandelt wird. SÖS/Linke-plus plädiert für Isabel Fezer (FDP). Weil „die Geschlechterquotierung auf der Bürgermeisterbank unterentwickelt ist“, wäre das ein „richtiges Signal“, so Linke-Stadtrat Thomas Adler.

Der Posten des Ersten Bürgermeisters war auch nicht immer eine Domäne der stärksten Fraktion. Die Grünen, zwischen 2009 und 2014 mit den meisten Sitzen ausgestattet, hatten den Posten noch nie inne. Er diente aber als Verhandlungsmasse, etwa 2011 bei der Wahl des Sozialbürgermeisters, die für die Grünen dennoch zum Desaster wurde: allen Absprachen zum Trotz gab es eine Mehrheit für die Kandidatin der FDP, Isabel Fezer, und nicht für Grünen-Fraktionschef Werner Wölfe.

Die SPD sicherte sich 1992, in deutlich stärkerer Position als heute, die Nachfolge von Rolf Thieringer (CDU). Der Posten sollte eigentlich für den aus Schwäbisch Gmünd kommenden neuen Sport- und Kulturbürgermeister Wolfgang Schuster, Ziehsohn von Manfred Rommel, ein Sprungbrett für die OB-Kandidatur sein. Das sah eine Mehrheit allerdings anders, sie kürte den geachteten Sozialdemokraten Gerhard Lang zum Rommel-Stellvertreter. Nach dessen Pensionierung übernahm Klaus Lang von der CDU das Zepter, er gab es dann 2004 an Michael Föll weiter.