Der SC Freiburg muss vor der neuen Saison wieder den Verlust einiger starker Profis hinnehmen – trotzdem wirkt alles gefestigt und gewachsen beim ersten Bundesligagegner des VfB Stuttgart.

Sport: Marco Seliger (sem)

Stuttgart/Freiburg - Es verwunderte niemanden, dass beim SC Freiburg in einer der ersten Mannschaftssitzungen in diesem Sommer alles so lief wie immer. Trainer Christian Streich, längst das politische Gewissen der Fußball-Bundesliga, gibt auch mannschaftsintern gerne den Basisdemokraten (zumindest dann, wenn kein autoritäres Schimpfen wegen schlechter Leistungen nötig ist) – und lässt seinen Kapitän von den Spielern wählen. Das Urgestein Christian Günter hat das Rennen in der Wahlkabine nach dem Auslesen der Stimmzettel gewonnen, seine Stellvertreter sind Nils Petersen und Vincenzo Grifo – und man kann davon ausgehen, dass die neue, aber auf dem Platz seit Jahren eingespielte Führungskoalition ohne größere Streitigkeiten durch die Saison kommen wird.

 

Die startet an diesem Sonntag (18.30 Uhr) mit dem ersten Pflichtspiel, der DFB-Pokalpartie beim Drittligisten Waldhof Mannheim – und am Samstag darauf geht es ans Eingemachte. Dann steigt am ersten Bundesligaspieltag das baden-württembergische Landesduell beim VfB Stuttgart, in dem der SC Freiburg einerseits nach neun Jahren ohne Sieg beim VfB hofft, dass alles anders wird – andererseits aber den Grundstock dafür legen will, dass alles so bleibt, wie es war.

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Denn das Ziel für die neue Runde ist klar: nachdem der Sportclub in der vergangenen Saison Achter wurde und nie auf einem zweistelligen Tabellenplatz stand, wollen die Freiburger wieder so ein gutes Jahr ohne jede Abstiegssorgen hinlegen.

Aber wie das meist so ist beim SC, gehen nach einer starken Saison einige der stärksten Profis dorthin, wo sie mehr Geld verdienen und den berühmten nächsten Schritt machen können. Trainer Christian Streich muss sein Gerüst folglich wieder neu justieren. Wie immer also leiden sie an der Dreisam ein bisschen unter dem Fluch ihrer guten Taten. Junge, entwicklungsfähige Spieler besser machen und dann irgendwie deren Verlust auffangen müssen – das ist die traditionelle Freiburger Losung.

Das System ist austariert

In diesem Sommer verließen in Stammkeeper Alexander Schwolow (für acht Millionen Euro zu Hertha BSC) sowie den beim SC zu Nationalspielern gereiften Robin Koch (Abwehr/für 13 Millionen zu Leeds United ) und Luca Waldschmidt (Angriff/für 15 Millionen zu Benfica Lissabon) drei Stützen den Verein – und dennoch schieben sie im Breisgau im Gegensatz zu so manch anderer Vorsaison keine Panik. Streichs Gebilde hat zwar ein paar Säulen verloren. Es scheint aber weiter stabil zu sein.

Denn längst ist das Streich-System auf dem Platz austariert und eingespielt. Effizient und kampfstark, laufstark und gefestigt, so trat der SC in der Vorsaison auf, und so will er es auch jetzt wieder tun mit dem Gros der Elf aus der vergangenen Runde.

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Da besiegte der Sportclub Topteams wie RB Leipzig oder Borussia Mönchengladbach – auch dank teils famoser Standards mit famosen Schützen wie Vincenzo Grifo, Jonathan Schmid oder Christian Günter, die unter der Woche unter dem Standard-Beauftragten im Trainerteam, dem Ex-Stürmer Florian Bruns, ausdauernd an ihren Varianten tüfteln. Zudem freute sich Christian Streich über „große Fortschritte im Kurzpassspiel“ – und er durfte sich nun im Sommer auch über einige Neuzugänge freuen, die die Abgänge kompensieren sollen.

Im Tor war das nicht nötig, denn der bisherige Ersatzkeeper Mark Flekken vertrat Schwolow des Öfteren schon stark, das Vertrauen in die neue Nummer eins aus den Niederlanden ist groß. Verteidiger Keven Schlotterbeck wiederum kehrte als gestandener Bundesligaprofi von seinem Leihjahr bei Union Berlin zurück, im zentralen Mittelfeld soll der junge Niederländer Guus Til (ausgeliehen von Spartak Moskau) künftig das Spiel gestalten – und im Angriff hat der wuchtige Stoßstürmer Ermedin Demirovic (kam vom FC Malaga) Startelfpotenzial.

Stabile Finanzlage

Die Neuen übrigens werden zumindest in der Hinrunde noch im alten Schwarzwaldstadion am Ball sein. Der für den Sommer geplante Umzug ins neue Stadion im Freiburger Norden (Fassungsvermögen: 34 700 Zuschauer) ist aufgrund der Pandemie verschoben, im Idealfall soll es beim ersten Pflichtspiel im nächsten Jahr soweit sein.

Klar ist: Der SC ist anders als die größeren Clubs der Liga vermehrt auf Zuschauereinnahmen angewiesen – da noch nicht absehbar ist, wann es diese wieder gibt, tun dem Verein die großen Transferüberschüsse dieses Sommers extrem gut. Fakt ist dabei auch, dass der SC ein rundum gesunder Verein ist. Er steht dank seines traditionell grundsoliden Wirtschaftens und etlicher Transferüberschüsse finanziell stabil da, musste daher in der aktuellen Krise um keine Landesbürgschaft oder Ähnliches bitten und hat seine Angestellten auch nicht in Kurzarbeit geschickt. Das neue Stadion am Flugplatz ist durchfinanziert, in den Spielzeiten 2017/18 und 2018/19 erwirtschaftete der SC einen Gewinn von 18 Millionen Euro. Es läuft beim SC Freiburg – fehlt nur noch die nächste sorgenfreie Bundesligasaison.